Chamonix/Mont Blanc 2010: Sportalpen Athlet Chris Reinegger stellt mal wieder so nebenbei klar, warum er unser Mann für’s Extreme ist. Während eines Frankreich Base-Jump-Urlaubes befand sich der Bischofshofener und ehemaliger X-Alps Teilnehmer in der Nähe von Chamonix. Da Chris in seinem Kleinbus immer seine gesamte Ausrüstung dabei hat, war auch der Speedflyer Schirm fertig gepackt an Board. Der Wetterbericht prognostiziertze eine klare Vollmond-Nacht und optimale Windverhältnisse am Gipfel des Mont Blanc. Somit war der Entschluss schnell gefasst: 12 – 14 Stunden Zeit für den Aufstieg! Nicht viel, wenn man bedenkt, dass eine geführte Tour mit einem Bergführer bis zu einer Woche, mindestens aber vier Tage dauert!
Christian Reinegger erzählt uns das Vorhaben aus seiner Sicht.
Speedflying vom Mont Blanc bedeutet für mich, auch den Aufstieg allein zu meistern
Mit den ersten Sonnenstrahlen geht es mit dem Speedflyer vom Mont Blanc zurück nach ChamonixMit Gondel, Hubschrauber oder Hochbahn ein Abenteuer Speedflying zu beginnen, ist für mich etwas abstrus. Gleitschirmfliegen oder Speedflying bedeutet für Viele, mit der Natur im Einklang zu sein. Lautloses Fliegen, keine stinkenden Motoren und auch keine Menschenmassen, die sich in Gondeln drängen. Bewusster diesen Sport genießen, heißt auch, die Natur zu riechen, uneingeschränkte Aussicht und entspannende Ruhe. Und das am Besten schon beim Aufstieg.
3.800 Höhenmeter in 12 Stunden zu steigen empfehle ich wirklich nur sehr erfahrenen Bergsteigern
4.810 Meter Seehöhe (Höhe Mont Blanc inklusive Eisdecke) mag im Vergleich zu 7- und 8-Tausendern nicht viel klingen. Diese Höhe zu unterschätzen ist aber gefährlicher als kurz unter der Todeszone im Himalaya zu steigen. Dort weiß man, worauf man sich einlässt und akklimatisiert sich in einer bis zwei Wochen ständig aufs Neue.
Zu oft habe ich als Alpinpolizist in unseren Bergen schon Höhenkranke gesehen. Chamonix liegt ziemlich genau auf 1.000 m Seehöhe, also ist die Höhendifferenz von 3.800 Metern innerhalb von 12 Stunden sehr groß. Für Akklimatisierung bleibt dabei keine Zeit.
Für den Mont Blanc gilt: Langsam gehen ist der Schlüssel zum Erfolg
Dass mag jetzt etwas komisch klingen, wenn man vor hat, den Mont Blanc in 12 Stunden zu steigen. Das Wichtigste dabei ist, langsam zu gehen. Nur so kann man dem Körper zumindest etwas Ruhe und Gewöhnung an die Höhe geben. Strengt man sich da zu sehr an – Ödem! Ich will hier nicht so vermessen scheinen, alles besser zu wissen, aber ich würde wirklich nur Bergsteigern mit genügend hochalpiner Erfahrung empfehlen solche Höhendistanzen in der Zeit zu überwinden.
Speedflying vom Mont Blanc: Christian Reinegger erzählt von seinem AbenteuerVon der Welthauptstadt des Kletterns auf den Mont Blanc
Wenn man in Chamonix ankommt und den Mont Blanc da stehen sieht, kommt in Bergsteigern automatisch das Gefühl hoch, dass man da rauf will. Die Faszination des höchsten Berges der Alpen ist auch, dass er leicht erreichbar ist. Und die Meisten sagen sich, dass man da auch einmal oben gewesen sein muss. Nicht zuletzt deshalb sind es auch geradezu Menschenmassen, die den Mont Blanc hinaufpilgern.
Chamonix um 18 Uhr: 12 – 14 Stunden Zeit für den Aufstieg auf den Mont Blanc
Wenn man am Abend in das Projekt von Chamonix auf den Mont Blanc startet, bedeutet das, man muss die Nacht durchgehen. In meinem Fall hat das super gepasst, da sich eine Vollmondnacht angekündigt hatte. Außerdem war die Windvorhersage für den nächsten Morgen perfekt. Die Chance mit dem Gleitschirm vom Mont Blanc herunterzufliegen hat man im Sommer nur wenn man nachts aufsteigt. Es ist nämlich schlicht weg verboten, vor September am Tag mit dem Gleitschirm oder dem Speedflyer den Mont Blanc zu befliegen. Zu viele Rettungseinsätze werden in der Hauptzeit des Alpinismus auf dem höchsten Alpengipfel mit dem Hubschrauber geflogen. Somit hat man die Möglichkeit, bis September zu warten, oder gemeinsam mit den ersten Sonnenstrahlen des Tages ins Tal zu fliegen – und das möglichst schnell – Speedflying eben!
Nach einer duchwanderten Nacht bei Sonnenaufgang am Gipfel des Mont Blanc den Speedflyer ausbreiten
Speedflying vom Mont Blanc bedeutet, über Grat und Menschenkarawanen zu „pfeifen“Immer wieder ist es atemberaubend, auf einem Gipfel zu stehen, wenn die Sonne aufgeht. Ich werde oft gefragt, warum ich solche Aktionen wie diese überhaupt mache. Das ist einer der Gründe. Seit meiner Kindheit bin ich es gewöhnt, bei Sonnenaufgang auf einem Berg zu stehen. Dafür bin ich dankbar – auch meinem Vater, der mich als Kind schon immer mitgenommen hat.
Speedflying vom Mont Blanc – 12 Minuten über den Grat und Bergsteigerkarawanen hinweg
Viermal war ich bereits auf dem Mont Blanc, dreimal mit dem Ziel, unter dem Gleitschirm hängend „abzusteigen“. Noch nie haben es die Bedingungen zugelassen, von ganz oben zu starten. Diesmal war es perfekt! Und wieder bin ich bei der Erkenntnis angelangt, dass sich in der Natur die geilsten Sachen ergeben. Auch das ist ein Grund, warum ich die Anstrengungen auf mich nehme. Wobei die Anstrengung ein weiterer Antrieb ist.
Gesamt gesehen ist die Zeitspanne dann wieder eine Befriedigung. Mit dem Aufstieg und dem Runterfliegen macht man eine Sache in 12 – 14 Stunden, während andere eine Woche unterwegs sind. Gerade beim Abgleiten – mit dem normalen Gleitschirm ca. 30 Minuten und mit dem Speedflyer in 12 Minuten – sieht man 400 bis 500 Bergsteiger, die rauf und runter steigen, und es wird einem bewusst, dass die noch mindesten drei bis vier Tage brauchen, um wieder unten zu sein. Und man selber startet um 7 Uhr morgens, steht um 12 nach 7 wieder beim Auto, hat 3.800 Höhenmeter vernichtet und pfeift über Leute und Grat drüber. Das ist es, was mir vom Mont Blanc am meisten in Erinnerung bleiben wird. Auch im Video kommen diese Emotionen, glaube ich, für den Zuseher sehr gut rüber, und man kann mich und meine Beweggründe noch etwas besser verstehen.
Speedflying vom Mont Blanc, das für mich Beeindruckendste was ich je gemacht habe
Das Runterfliegen vom Mont Blanc war für mich das Beeindruckendste was ich je gemacht habe und mir vorstellen kann. Außer wieder einmal auf einen 8000er zu steigen (Chris war am Nanga Parbat, Anm. d. Redaktion).
Mit dem Speedflyer den Mont Blanc runterzufliegen, war für mich das Höchste! Über diese Gletscherspalten und Abrisse zu pfeifen war einfach atemberaubend. Es war einfach genial und wird mir ewig in Erinnerung bleiben.
Aber wie sagt man so schön: Nach dem Projekt ist vor dem Projekt – und etwas Neues ist schon wieder geplant.
Auf alle Fälle werde ich hier wieder davon erzählen.
Bis dann!
3, 2, 1 See You
Chris
Wow, super Leistung, geile Geschichte!