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Crossing Styria: Quer durch die Steiermark

Da hat er sich was vorgenommen! Der österreichische Ultrasportler Klaus Gösweiner hat nach seinem letzten Mega-Projekt erneut Großes vor: In geplanten 40 Stunden will er am 18. und 19. Juni 230 Kilometer quer durch Steiermark laufen. 20.000 Höhenmeter stehen zwischen dem Start in Graz und dem Finish am Dachstein-Gipfel. Der Steirer im Interview über das, was ihn antreibt.

Die Ideen für Großprojekte scheinen dir nicht auszugehen. Was hat den Funken für das Crossing Styria ausgelöst?

Grundsätzlich die Freude an der Bewegung gepaart mit dem Streben nach einer großen Herausforderung, aber das ist dann doch eine etwas längere Geschichte. Mit Ultra Wettkämpfen und eigenen Projekten habe ich erst vor drei Jahren begonnen und damit ganz klar mein sportliches Ziel erreicht. Mein Vater war 1994 mit einer Vierer Staffel beim 24h Lauf in Wörschach dabei und ich als damals 14-jähriger Zaungast. Ich war fasziniert von Wolfgang Erhart, der mit 236km den Lauf gewonnen hat: durchtrainierter Körper, meist ein leichtes Lächeln im Gesicht, nie das Zeichen einer Schwäche. Für mich war das damals so etwas wie ein Schlüsselerlebnis. All die Jahre des Langlaufens, Mountainbikens, Skibergsteigens und Laufens träumte ich immer von richtig langen Distanzen.

20 Jahre nach dem Sieg von Wolfgang in Wörschach ist nun meine Ultra Zeit angebrochen. Mit dem Sieg bei GGUT 2015 konnte ich bereits einen Erfolg erzielen, mit meinen eigenen Projekten habe ich mich vorbereitet und gezeigt, was „aus dem Stegreif“ möglich ist. Jetzt kommt Crossing Styria, nicht aus dem Stegreif, sondern top vorbereitet.
Eine andere Motivation kommt von einem traurigen Detail: Aufgrund einer seltenen Erkrankung kann sich mein Vater nahezu nur mehr mit dem Rollstuhl fortbewegen und hat einen großen Teil seines Hörvermögens verloren. Sport war für ihn immer seine große Leidenschaft und ich hoffe, dass ich ihm mit meinen Läufen etwas Freude bereiten kann!

Wie bist du ausgerechnet auf diese Route gekommen?

Zu Beginn stand nur fest: Start in Graz am Schlossberg und Ziel am Gipfel des Hohen Dachstein.

Erst dann beschäftigten wir uns mit möglichen Routenführungen.

Die Prämisse lautete dabei immer: Möglichst wenig Asphalt, viel im Gelände und trotz der enormen Herausforderung eine realistische Chance es zu schaffen – nonstop Crossing Styria!

Stand Mitte Mai fehlten mir nur noch etwa 45 Kilometer im Murtal, die ich noch nicht selbst gesehen habe.

Ansonsten bin ich alles abgelaufen oder mit dem Mountainbike abgefahren.

Welche landschaftlichen Highlights erwarten dich auf deiner „Reise“?

Das wird als erstes sicher die Überquerung der Gleinalm mit ihren Lipizzanerweiden. Kurz davor werden wir hoffentlich einen wunderschönen Sonnenaufgang erleben, um dann die Gleinalm in Richtung St.Margarethen bei Knittelfeld zu überqueren. Dann folgt das Murtal und ich freue mich schon sehr ab km 125 so richtig in die Berge zu laufen! Den Kreuzkogel, und die Breiteckkoppe (beide über 2000m) werde ich passieren, um in Donnersbachwald am Fuße der Riesneralm in das Ennstal einzutreten. Bei Nacht werde ich von der Riesneralm aus über die Gstemmerscharte in die Großsölk laufen, durch die Strubschlucht weiter in die Kleinsölk, um danach in Richtung Kochofen weiter zu kämpfen. Im Bereich Michaelerberghaus empfängt mich hoffentlich wieder ein wunderbarer Sonnenaufgang mit Blick auf den Dachstein. Von dort sind es dann noch knapp 50 km mit fast 3000 hm. Dann folgen mit dem Moaralmsee und dem Gipfel des Hauser Kaibling bei Kilometer 200 zwei absolute Highlights! Im Tal durchlaufe ich meine Heimatgemeinde Haus und zum Abschluss wartet der Aufstieg über die Ramsau in Richtung Dachstein.

Seit wann trainierst du dafür?

Ich bin kein Profi. Die Zeit, die mir für Training zur Verfügung steht ist begrenzt. Daher ist mir wichtig über das ganze Jahr hindurch möglichst umfangreich zu trainieren, auf Crossing Styria habe ich mich natürlich speziell vorbereitet und meine Umfänge in den letzten 3 Jahren kontinuierlich gesteigert.
Im speziellen trainiere ich viele Laufkilometer, vor allem auch im Winter, um die Laufmuskulatur zu erhalten. Oder Skitouren, die dann schon mal acht Stunden oder mehr dauern. Neben Ausdauertraining gehört aber auch der Bewegungsapparat gepflegt! Jeden Tag am Abend nicht auf die Couch sondern auf die Matte: Dehnen, Rumpfstabilisation durch Bauchmuskeltraining, Gleichgewicht – allein dafür kommen pro Woche mindestens vier Stunden zusammen.

Wie sieht dein wöchentlicher Trainingsablauf aus?

Ich trainiere in einem Vier-Wochen-Rhythmus. Die jeweils vierte Woche ist immer eine Umfangwoche, davor gibt`s von Woche zu Woche eine Steigerung. Meine Jahrestrainingsplanung und Abstimmung des Trainings auf meine Vorhaben erledigt meine Sportärztin Dr. Silke Kranz. Konkret sieht das bei mir so aus, dass ich ca. zwei Mal pro Woche bereits um 4.30 Uhr in der Früh trainieren gehe. Eine lange Laufeinheit versuche ich auch unter der Woche unterzubringen und die zweite lange Einheit dann am Wochenende. Mir ist vor allem wichtig, dass ich trotz des vielen Trainings möglichst viel Zeit mit meinen Kindern und meiner Frau verbringen kann! Das Vorbereitungsjahr für Crossing Styria beinhaltet zwischen 650 und 700 Gesamttrainingsstunden.

Wie regelst du die Verpflegung?

Bei meinen Ultrawettkämpfen habe ich mich bis jetzt immer ausschließlich flüssig ernährt: Headstart, Flüssignahrung und alkoholfreies Bier! Das werde ich auch bei Crossing Styria so halten, wenn sich aber der Körper irgendwann etwas anderes wünscht, dann werde ich ihm das geben! Wir sind ein großes Team, das sich in Summe auf etwa 50 Personen aufteilt in mehrere Bereiche. Da gibt es das Logistikteam (Transport der Verpflegung, Betreuung und Verpflegung, Transport der Begleitläufer, Anm.), die Begleitläufer (aus Sicherheitsgründen darf Klaus Gösweiner nie allein sein, Anm.) und sportärztliche Betreuung (das Sportplusmedizin.at Team um Dr. Silke Kranz überwacht Ernährung und den gesundheitlichen Zustand, Anm.)

Wie hast du dir die 40 Stunden ausgerechnet?

Es sind ziemlich genau 230 Kilometer und 10.000 Höhenmeter. Beim GGUT 2015 bin ich auf einer schweren 114 km und 6000 hm Strecke durchschnittlich 6,7 km/h gelaufen. Bei Crossing Styria ist es die doppelte Strecke, die ich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 5,7kmh bewältigen möchte.

Schlaflosigkeit, Materialverbrauch, Ernährung – gibt es irgendwelche Fragezeichen, die du nicht berechnen kannst?

Ich rechne damit, dass in der zweiten Hälfte das Bergablaufen eine der größten Herausforderungen wird und der finale Anstieg auf den Dachstein – fast 2500 Höhenmeter am Stück mit Klettersteig. Fragezeichen gibt es natürlich viele. 40 Stunden ist eine lange Zeit, aber ich konzentriere mich nicht auf die Fragezeichen sondern auf mein Ziel!

Was könnte deinen Lauf am ehesten stoppen – Worin schlummert die größte Gefahr?

Das Wetter. Es wäre nicht das erste Mal, dass es Mitte Juni schneit. Sollte das der Fall sein, werden wir das vorher wissen und eine Terminverschiebung anstreben. Natürlich gibt es noch eine Vielzahl an weiteren Gefahren, aber wie gesagt, ich konzentriere mich in erster Linie auf mein Ziel.

Welche Rolle spielt die Psyche bei dem Projekt?

Eine sehr große! Hans Knauß hat mich vor kurzem gefragt, ob ich einen Mentaltrainer habe und ich habe ihm gesagt, dass ich mein eigener Mentaltrainer bin. Ich mache das ja freiwillig, keiner zwingt mich dazu. Natürlich bereite ich mich auch im Kopf darauf vor! Außerdem habe ich während so einer extremen Belastung von Körper und Geist den besten Notanker, den man sich nur vorstellen kann – meine Familie!
Die weitere mentale Vorbereitung auf Crossing Styria hat für mich nach dem Großglockner Ultra-Trail 2016 begonnen. Nach dem Sieg zehrst du da eine Zeit lang von den Glückshormonen. Seit dem Tag nach dem GGUT denke ich jeden Tag an Crossing Styria.

Der Körper ist eine Sache. Die Ausrüstung eine andere. Wie gehst du das Crossing Styria in der Materialfrage an?

Die zentrale  Rolle spielen die Füße. Dieses Mal werde ich voraussichtlich sehr viel mit dem Dynafit Feline SL laufen und zwischendurch auf den Feline Ultra wechseln. Als Rucksack verwende ich den Enduro 12 und X7 Dyna und bei den Stöcken habe ich mich für den Vertical Pro und DNA Limited entschieden. Bei der Stirnlampe kommt die SILVA Trail Speed X mit 2 Ersatzakkus zum Einsatz und als Uhr-GPS verwende ich zwei Suunto Ambit3 (Wechsel nach 125 km, Anm.)