Einatmen. Ausatmen. Eigentlich ganz simpel. Warum die Luft dennoch eine wichtige Rolle beim Laufen spielt ist nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich. Vor allem, weil sie unsichtbar ist.
unfAIR
Kaum eine Sportart eignet sich so gut zum Abschalten wie das Laufen. Einfach Schuhe an und los. Selbst das miese Wetter ist nur ein oberflächlicher Faktor, der in der Regel nicht weiter vom Kilometersammeln ablenkt.
Doch eine Sache kann das Laufvergnügen trüben oder besonders erlebnisreich gestalten: die Luft. Vom Turnschuh-Geruch im Fitnessstudio bis zur kristallklaren Bergluft in den Alpen: die Luft ist Energieversorger, olfaktorischer Stimulant, und existenziell zugleich. Weil sie allgegenwärtig ist, wird ihr nur selten jene Beachtung zugeschrieben, die sie verdient – unfAIR!
Mountain Air statt City Flair
Zugegeben, ein Begriff verbindet Gesundheit mit dem lebenswichtigen Gasgemisch unweigerlich: die Bergluft. Jeder, der einmal in der Bergwelt der Alpen war weiß, wovon genau die Rede ist. Aber was macht sie so besonders? Und spiegeln sich die Vorteile auch in messbaren Werten wider?
Zunächst bietet sich ein Vergleich mit dem Lebensraum an, in dem die meisten Läufer wohnen: dem Stadtgebiet. Im Vergleich zu der urbanen Luftqualität machen sich im Gebirge deutlich weniger Schadstoffe auf den Weg in die Lunge. An manchen Orten der Welt – wie in Teilen Chinas – ist der Smog so stark, dass Einwohner zu skurrilen Mitteln greifen und Luft in Flaschen aus anderen Teilen der Erde importieren. Was Europa betrifft, ist die Situation weniger schlimm. Die gute Nachricht: Seit 1990 nehmen zum Beispiel die Feinstaubwerte (PM10) in Österreich kontinuierlich ab.
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Dennoch ist auch in Österreich zwischen Städten und dem Land ein Unterschied – auch wenn gesetzliche Grenzwerte äußerst selten erreicht werden. Eine Übersicht dazu liefert der tagesaktuelle Luftgüte-Bericht des Umweltbundesamtes.
Doch zurück zur Bergluft. Neben der geringeren Belastung durch Schadstoffe wirkt sich der Lauf in der Bergwelt zudem positiv auf die Gesundheit aus. Eine Studie der Universität Zürich hat einen Zusammenhang zwischen dem Aufenthalt in den Bergen und einem Rückgang des Herzinfarkt- und Schlaganfallrisikos festgestellt.
Stand der Wissenschaft
Mehrere Studien wurden über die Jahre in diesem Bereich durchgeführt – und kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Doch der Ansatz von David Faeh, Felix Gutwiller und Matthias Bopp aus 2009 zeigt ein eindeutiges Ergebnis.
Die Daten von über einer Million Menschen zwischen 40 und 84 und dem Wohnort zwischen 259 und 1.960 Metern über dem Meeresspiegel wurden von den Wissenschaftlern untersucht. Die Ergebnisse:
- 22 % Reduktion von Herzinfarkten pro 1.000 Meter Höhe
- 12 % Reduktion von Schlaganfällen pro 1.000 Meter Höhe
- Geringeres Risiko von Herzinfarkten und Schlaganfällen bei Geburt in größerer Höhe
Die Ergebnisse sind unabhängig von der Lebensweise zur restlichen Bevölkerung des Landes und rein auf klimatische Faktoren wie Luftqualität und Sonneneinstrahlung zurückzuführen.
Übrigens: Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangten auch Amaya Lopez-Pascual und ihre Kollegen, die mit ihrer Studie aus 2017 nachwiesen, dass ein Leben in größerer Höhe mit einem geringeren Risiko für metabolische Syndrome (Bluthochdruck, Fettleibigkeit, Insulinresistenz) einhergeht. Auch sie „haben herausgefunden, dass die Ergebnisse unabhängig vom genetischen Hintergrund der jeweiligen Person gelten. Auch hier finden sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Ernährung oder Schlafrhythmen zum Rest der Bevölkerung.“
Höhentraining
Neben den gesundheitlichen Aspekten ist die hohe Lage auch bei Spitzensportlern beliebt. Jedes Jahr verbringen Athleten beim Höhentraining Tage und Wochen, um sich auf die Saison vorzubereiten. Die Effekte daraus sind lange bekannt: Der reduzierte Sauerstoffgehalt regt die Bildung der roten Blutkörperchen an, die wiederum Sauerstoff in sich tragen. Als Nebeneffekt wird gleichzeitig die Atemmuskulatur trainiert.
Zurück im „Tal“ wirkt sich diese Umstellung positiv auf die Leistung aus und geht nicht sofort wieder in den Normalmodus über.
Luft als Motivationsfaktor
Einer der wichtigsten Aspekte für Läufer findet allerdings in keiner Studie Berücksichtigung. Schließlich ist es der subjektive Eindruck der Luftqualität, der Runner immer wieder an dieselben Orte kommen lässt oder der Duft entlang der Strecke, der den Kurs so besonders macht. Auch wenn unbewusst, ist die Luft immer einer der größten Motivationsfaktoren überhaupt. Das gilt nicht nur für den Outdoor-Sport, sondern besonders für geschlossene Räume.
Vor allem im Fitnessstudio ist aufgrund der reduzierten Reize aus der Natur die Luft das Um und Auf. Die feuchte Zusammensetzung der Luft kann zu Schimmel und der Zunahme von Staub und Formaldehyd führen. Ein Luftentfeuchter und andere Maßnahmen wie professionelle Klimageräte zur Sicherung der Luftqualität sind daher in geschlossenen Räumen ein wesentlicher Faktor und ein Grund, um beim Fitnessstudio-Betreiber vorstellig zu werden.
Egal ob Outoor-Abenteuer in der alpinen Bergwelt oder 10-Kilometer Training am Laufband: Für Läufer ist es immer an der Zeit durchzuatmen.