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Handbike Weltrekord von Lars Hoffmann

Bei der Procyclingwoche im Hotel Mohrenwirt in Fuschl am See trafen die Redakteure von sportalpen.com erstmals auf Lars Hoffmann und bestaunten neben seinen Oberarmen vor allem seine Unermüdlichkeit. Beides stellte der Extrem-Handbiker im August 2012 bis zum Limit auf die Probe.

Der erste Eindruck

„Der Lars fährt nur von Fuschl übers Thalgauegg nach Thalgau und wieder retour, und das so ungefähr 10-mal am Tag“, berichtete Jakob Schmidlechner im Juni über den Handbiker. Wer die Strecke kennt, weiß, dass sie ausschließlich aus Serpentinen und Höhenmetern besteht. Immer und immer wieder kurbelte er sich hoch zum höchsten Punkt des Berges, rollte auf der anderen Seite wieder runter, um von dort dasselbe in die entgegengesetzte Richtung zu starten. „Ich trainiere für mein Projekt 1000 Momente“, erklärte er, „da möchte ich den Weltrekord aufstellen.“

Und nun, wenige Monate später, hat er diesen bereits in der Tasche. Im Interview erzählt er von der Idee, Höhen und Tiefen und wozu der menschliche Körper fähig ist.

Lars, warst du eigentlich schon immer so sportlich?

Lars Hoffmann

Lars Hoffmann: Vor meinem Unfall 2004 ging ich ab und zu ins Fitnessstudio. Der Leistungssport in diesem Umfang hat sich aber erst in den letzten 2-3 Jahren ergeben. Zum Handbike kam ich eher aus einer Laune heraus. 2008 bin ich mit Freunden bei einem Halbmarathon gestartet. Völlig untrainiert hab ich mich da reingesetzt und bin losgefahren. Das war echt heftig, mir taten alle Muskeln weh, ich konnte mich kaum mehr bewegen. Dennoch hatte mir die Veranstaltung und die Stimmung gefallen und so hab ich weitertrainiert. Mit der Zeit merkte ich, dass das Training meinem Körper guttut. Zuvor hatte ich oftmals arge Rückenschmerzen, die durch die Stärkung der Rückenmuskulatur viel besser wurden.

Wie bist du auf die Idee für das Projekt “1.000 Momente“ gekommen?

Lars beim Training

Lars Hoffmann: Ich hab dann immer weiter trainiert und ständig Ausschau nach längeren Distanzen und neuen Herausforderungen gehalten. Letztes Jahr bin ich dann in Norwegen beim schwersten Radrennen Europas gestart. Dort waren wir Handbiker quasi unter uns, es sind nur 2 oder 3 gestartet. Die Strecke ging über 540 km, ich war 29 h am Weg. Da merkt man schon, wozu der Körper im Stande ist. Nach diesem Rennen habe ich überlegt, was die nächste Steigerung sein könnte. Inspiriert vom Race across Germany, das von Flensburg nach Garmisch Partenkirchen führt, kam mir die Idee, 1.000 km am Stück zu biken. Das war letzten Oktober und ich begann sofort mit dem Training und den Vorbereitungen. Umso intensiver man sich dann damit beschäftigt, umso mehr Ideen kommen einem. Und so kam auch die Charity-Aktion für Karina hinzu, die im selben Monat geboren wurde als ich meinen Unfall hatte.

Und für die Strecke habt ihr einfach auf der Karte 1.000 km gewählt?

Lars Hoffmann: Da das Projekt durch die Charity-Aktion auch große mediale Aufmerksamkeit erlangte, suchten wir nach einem attraktiven Ziel. Die Wahl fiel auf München, da dort zu der Zeit die ISPO Bike stattfand und somit Publikum vor Ort war. Berlin wollte ich unbedingt mit reinnehmen und um die 1.000 km voll zu machen, standen wir dann am Start in Hamburg.

Ich hätte nie gedacht, dass der Körper soviel aushält.


Du bist 45 Stunden ohne Schlaf gefahren, wie hält man das durch?

Lars Hoffmann: In der ersten Nacht war es noch kein Problem, da war ich voll mit Adrenalin. In der zweiten Nacht wurde es dann richtig heftig, da dachte ich mir öfter einmal, ich müsse jetzt dann anhalten. Wir haben dann auch eine kurze Pause gemacht, etwas gegessen und getrunken und ein wenig gerastet und dann ging es wieder weiter. Es ist wirklich unglaublich, was der Körper aushält. Ich hätte das auch nicht gedacht, aber wir wollten ja an unsere Grenzen gehen und das taten wir auch. Nun wissen wir, dass es machbar ist.

Wie hast du dich während der Fahrt verpflegt und Kraft getankt?

Lars Hoffmann: Wir haben alle 2-3 Stunden einmal angehalten und eine Pause gemacht, um etwas Richtiges zu essen. Denn von den Gels und Riegeln hat man irgenwann genug. Da müssen dann Nudeln oder mal ein Schinkenbrötchen her. Während der Fahrt haben wir viel getrunken – Elektrolyte.

Lars und sein Team

Mit welchen Problemen wurdet ihr während der Fahrt konfrontiert?

Lars Hoffmann: Das größte Problem war der Verkehr, denn die Menschen wunderten sich, dass da Handbiker auf der Straße unterwegs waren. Wir hatten taktisch einen Fehler begangen, indem das Team-Fahrzeug vor uns fuhr. Das stellten wir dann um und somit konnten die Autofahrer lesen, worum es geht, und haben uns dann beim Überholen ihren Respekt gezeigt und uns sogar zugehupt und zugerufen. Das war echt cool und motivierend. Auch entlang der Strecke standen immer wieder Menschen, die uns Beifall schenkten.

Man muss im Kopf schon sehr frei sein um sich da noch zu motivieren.

Wie oft hast du dich gefragt, warum du dir das antust?

45 Stunden durchgefahren

Lars Hoffmann: Nach der ersten Nacht, so ca. bei Kilometer 400 hatte ich mal einen Hänger. Es war ja ziemlich extrem, denn in der Nacht hatten wir 8 Grad und tagsüber 35 Grad. Dann bekam ich noch Nackenschmerzen, da gehen einem dann schon solche Gedanken durch den Kopf. Wir waren aber zu zweit und haben uns dann gegenseitig wieder hochgepuscht.

In der zweiten Nacht ging es dann in die Berge mit ca. 13-14 % Steigung, das war der Wahnsinn. Da muss man im Kopf richtig frei sein und sich immer wieder sagen, dass man ein cooles Projekt für einen guten Zweck durchzieht und das macht man nur einmal im Leben. Ich hab dann versucht, die Fahrt, so gut es ging, zu genießen. Am Sonntagmorgen wurden wir dann für unsere Mühen belohnt. Als die Sonne aufging, stieg auch unsere Stimmung. Wenn ich nur daran denke, bekomme ich schon eine Gänsehaut.

Du hast die 1.000 km nicht fertiggemacht, sondern bei 700 abgebrochen. Dennoch Weltrekord. Was überwiegt, die Freude oder die Wehmut?

Weltrekord nach 661 km non-stop

Lars Hoffmann: Wir hätten es zeitlich nicht mehr zur Messe geschafft, wenn wir weitergefahren wären, zudem stiegen die Temperaturen ins Unerträgliche. Es waren die heißesten Tage des Sommers in Deutschland. Daher haben wir entschieden, um 1.00 Uhr bei Creussen das Projekt zu beenden und mit dem Auto weiter nach München zu fahren. Den Weltrekord über die längste mit dem Handbike gefahrene Strecke haben wir aufgestellt und auch die Spendensammlung war erfolgreich, darüber müsste man sich eigentlich freuen. Der Ehrgeiz legt einem da aber natürlich ein paar Steine in den Weg. Es war aber die richtige Entscheidung.

1.000 Momente waren auch eine Spendenaktion den „Verein des Herzens“ und im Speziellen für dein Patenkind Karina. Was genau passiert mit dem Geld?

Lars und Karina

Lars Hoffmann: Karina soll eine Delphin-Therapie machen. Das Ganze wird nächstes Jahr im Sommer in der Türkei stattfinden. Das Projekt wird von einem Ärtzteteam betreut und schon jetzt vorbereitet. Es wird auch der erste richtige Urlaub der Familie sein, die gemeinsam mit Karina hinfliegt. Der Verein des Herzens hat bereits sehr gute Erfahrungen mit dieser Therapie. Delphine sollen ja die besondere Eigenschaft haben, auf das Innere des Menschen eingehen zu können. Wir erhoffen uns daher auch bei Karina Fortschritte im Rahmen der Therapie. Die Familie benötigt für die Therapie  € 8.000,-. Den Großteil haben wir schon beisammen. Wir sammeln auch noch weiterhin und freuen uns über jede Spende:

Spendenkonto: Verein Stunde des Herzens, Sparkasse Bludenz Österreich
Kontonummer: 0320033474
Blz: 20607
Ausland: IBAN: AT342060703200033474 , BIC: SSBLAT21
Verwendungszweck: Delphin – Karina   / Lars Hoffmann

Du bist Unterstützer von Wings for Life, wie denkst du darüber, dass erst eine private Stiftung gegründet werden muss, um Querschnittslähmung zu heilen?

Lars Hoffmann: Die Arzneimittelhersteller und großen Forschungsgremien sehen Querschnittslähmung noch als Randbereich. Es gibt wohl andere Bereiche, wo mehr Geld zu verdienen ist.

Die zahlreichen Einzelkämpfer hat Wings for Life nun in ein Boot geholt, damit sie gemeinsam an der Heilung forschen können. Ich bin immer interessiert an neuen Sachen und halte mich ständig am Laufenden darüber, welche Ideen und Projekte es gibt. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, wann man Querschnittslähmung heilen kann. Wings for Life ist auf einem super Weg. Ich weiß, dass es sein kann, dass ich nicht mehr davon profitiere. Seit 2005 unterstütze ich Wings for Life und mir sind die Leute ans Herz gewachsen. Das ist eine Zusammengehörigkeit, die ich nicht missen möchte.

Der Handibke Weltrekord im Überblick

Geplant waren 1.000 km von Hamburg nach München.
Der Weltrekord über die längste Nonstop-Fahrt war nach 661 km und 45 h Fahrzeit erreicht. Dabei wurden 4.000 Höhenmeter zurückgelegt und die Kurbel des Handbikes rund 100.000-mal gedreht. Es wurde dann noch bis Kilometer 700 weitergefahren.