Sportalpen.com porträtiert in der Serie „Pioniere im Fokus“ innovative Wirtschaftstreibende, die für Sport und Tourismus wichtige Akzente setzen und sich für ihre Passion das kleine Etwas mehr antun als andere. Den Anfang macht Jakob Schmidlechner. Der Hotelier aus Fuschl am See führt das erste Rennrad- und Triathlon-Hotel Europas.
Mohrenwirt in Fuschl – Triathlonhotel im Triathlonparadies
Das Rennrad- und Triathlonhotel „Mohrenwirt“ in Fuschl ist das Zuhause von Jakob Schmidlechner. Mitten in der Rennradregion gelegen und umgeben von den unzähligen Litern Trinkwasser des Fuschlsees sind die Voraussetzungen für seine Hobbys ideal. Laufen, Rad fahren und schwimmen werden in der Idylle des Salzkammergutes zum unvergleichlichen Erlebnis. Etwa elf Stunden die Woche trainiert Jakob als Hobbysportler. Leistungsdiagnostik und ein gesundes Verhältnis zum Sport machten ihn zum Ironman-Finisher. Dass er das Hotel mit seinem Faible verband, war nicht nur mutig, sondern aus touristischer Sicht auch sehr clever. Jakob Schmidlechner ist Hotelier, Familienmensch und Ironman zugleich. Zwei der drei Leidenschaften konnte er sogar kombinieren, ohne dass die dritte darunter leidet. Warum Triathleten, wie er einer ist, eigentlich „Verrückte“ sind und ihm der Sport eine Richtung gibt, erklärt er uns im Interview.
Jakob, dein Hotel Mohrenwirt ist das erste Rennrad- und Triathlonhotel. Was macht es zu diesem und wie sprichst du Rennradfahrer und Triathleten an?
Jakob Schmidlechner: In erster Linie über Kompetenz. Wir sagen: Kommt zu uns, denn wir verstehen diese Sportarten. Wir betreiben sie selbst. Noch dazu befinden wir uns – und da können wir nix dafür – in der schönsten Rennrad- und Triathlonregion mit optimalen Trainingsmöglichkeiten, die man sich nur vorstellen kann.
Wichtig ist einfach, den Leuten zu sagen: Wir verstehen euch. Wenn wer mit einem teuren Rad herkommt und sagt, er würde es lieber mit aufs Zimmer nehmen, dann darf er das auch. Wenn jemand ein Problem mit seinem Rad hat, geht er einfach zu unserem Mitarbeiter, dem Emmanuel, der in solchen Fällen gerne hilft. Wir haben auch noch GPS-Touren, die man selbst auswählen kann. Es sind einfach viele kleine Mosaiksteine, die das Extra-Service für Radfahrer und Triathlonathleten zu dem machen, was unser Hotel ausmacht.
Du standest nach vier Generationen Hotel Mohrenwirt plötzlich vor einer Grundsatzentscheidung. War es schwer, die Richtung des Hotels auf den Rad- und Triathlonsport umzupolen?
Jakob Schmidlechner: Eigentlich gar nicht. Das hat insgesamt nur zwei bis drei Monate gedauert. Wenn man den Sport selbst betreibt, dann ergeben sich diese ganzen Dinge wirklich von selbst. Als erstes braucht man mal einen Raum. Wenn man den Raum hat und selbst Radfahrer ist, dann weiß man auch, was in diesem Raum drinnen sein muss. Das sind Radständer, Werkzeug, Kompressor und eine Pumpe. So sind wir auch darauf gekommen, das Trikot-Wasch-Service zu forcieren. Jeder bekommt beim Check-in einen Wäschesack, gibt bis sechs Uhr am Abend seine Sachen ab und hat zwei Stunden später das frisch gewaschene Radgewand.Wenn du einmal in einem Hotel bist, wo lauter stinkende Radfahrer um dich herum sitzen, dann weißt du das zu schätzen, wenn du frisch gewaschenes Gewand hast.
Wie definieren sich die weiteren Serviceleistungen für Triathleten und Rennradfahrer?
Jakob Schmidlechner: Es sind einerseits die GPS-Geräte, die wir kostenlos ausgeben, um den Gästen zuvor gespeicherte Routen in der Region anzubieten. Außerdem erhält jeder Radfahrer in der Früh Elektrolytgetränke zum Mitnehmen oder Energieriegel, wenn er die Road-bike-Pauschale bucht. Auch Grundservice und Beratung können beim Mohrenwirt in Anspruch genommen werden. Der Radraum wird videoüberwacht und die Gäste haben vor Ort die Möglichkeit, die wichtigsten Verbrauchsgegenstände wie Schlauch, Mantel usw. direkt bei uns zu bekommen und auszutauschen.
Keine Anfahrtswege, ich gehe aus der Haustüre hinaus und mache meine Sportarten
Stichwort Zeitmanagement: Wie kann man für einen Triathlon trainieren und gleichzeitig ein Hotel führen?
Jakob Schmidlechner: Indem man in der richtigen Gegend wohnt. Das Geheimnis beim Triathlon ist es zu einem gewissen Grad auch, die Zeit unter Kontrolle zu bekommen. Wenn ich zum Beispiel lange Anfahrtszeiten zu meinen Trainingsmöglichkeiten hätte, dann ginge dabei auch sehr viel Zeit drauf. Das Problem haben wir zum Glück überhaupt nicht. Ich gehe aus der Haustüre hinaus und mache meine Sportarten. Nachdem ich mein eigener Chef beim Mohrenwirt bin, kann ich mir auch die Zeit gut einteilen. Ob ich meine Arbeit in der Früh oder am Abend erledige, ist eigentlich egal. Das Training kann ich schon irgendwie einschieben.
Findest du drei Worte, die beschreiben, wie der Sport dein Leben verändert hat?
Jakob Schmidlechner: Zum einen hat sich meine Lebensqualität dramatisch verbessert.
Außerdem bin ich viel relaxter und zielorientierter geworden. Die Ziele, die ich mir setze, erreiche ich auch. Das ist nicht nur im Sport so. Das kann man vom Sport aber sehr gut mitnehmen. Wenn man einmal fast 14 Stunden bei einem Ironman unterwegs gewesen ist, sind andere Probleme, von denen man glaubt, dass es Probleme sind, plötzlich keine mehr.
Wie war das Leben vor dem Sport und vor dem Rennrad- & Triathlonhotel?
Jakob Schmidlechner: Mein Job hat mir immer schon Spaß gemacht. Es war aber alles ein bisschen schwieriger, weil, wenn du das Gleiche machst wie alle anderen, dann bist du auf denselben Verkaufsveranstaltungen und -kanälen. Wenn du dich nicht durch etwas unterscheidest, ist der Konkurrenzdruck sehr hoch und das macht am Ende die Preise kaputt. Das ist dann auch nicht mehr lustig.
Man ist auch ein bisschen orientierungslos unterwegs, wenn man so viele Dinge ausprobiert. Wenn man dann die richtige Entscheidung getroffen hat, weiß man das aber sofort. Du weißt gleich, was du machen willst und was nicht.
Welche der drei Sportarten würdest du am liebsten weglassen?
Jakob Schmidlechner: Gar keine, weil einfach alle drei und das abwechslungsreiche Training Spaß machen. Wenn dich das Schwimmen mal nervt, geht man halt laufen oder radfahren. Am meisten Spaß hab ich am Rennrad. In der Kombination gehören diese drei Sportarten einfach zusammen. Würde man nur mit dem Rad fahren, bekäme man irgendwann unweigerlich Probleme mit dem Rücken. Weil man einfach immer wie ein Affe auf dem Rad draufhängt.
Dasselbe gilt fürs Laufen. Wenn du nur läufst, kriegst du früher oder später Probleme mit der Wirbelsäule oder den Füßen. Wenn du nebenbei aber auch noch schwimmst, trainierst du verschiedenste Muskeln.
Lauter Verrückte laufen da herum, die eine Hälfte weint und die andere hört nicht mehr auf zu lachen
Wie wichtig ist denn der Faktor Psyche beim Triathlon?
Jakob Schmidlechner: Es kommt ein bisschen auf die Distanzen und auf den Kopf an. Wenn es bei der olympischen Distanz gut geht, dann schalte ich beim Schwimmen das Hirn ab und erst beim Zieleinlauf wieder ein. Bei der Mittel- und Langdistanz ist das schon ein anderer Faktor. Vor allem gegen Ende ist es vielleicht gar nicht der Körper, der so leer ist; es ist der Kopf, der einem dauert sagt: Was machst du da eigentlich?
Das hört dann auch erst wieder ein bis zwei Kilometer vor dem Ziel auf, wo dann dafür genau das Gegenteil der Fall ist. Das ist dann so ein gutes Gefühl, dass man das Grinsen gar nicht mehr vom Gesicht bekommt. Wenn man sich den Zieleinlauf von außen ansieht, denkt man sich: Lauter Verrückte laufen da herum, weil die eine Hälfte weint und die andere nicht mehr aufhört zu lachen.
Wie viel zählen Bestzeiten und Konkurrenz beim Ironman wirklich?
Jakob Schmidlechner: Es ist komplett egal, mit welcher Zeit man finisht, weil jeder sein eigener Sieger ist. Die Profis, die zum Mohrenwirt kommen, können sich gar nicht vorstellen, wie sich die Hobbyathleten über 13,14 Stunden quälen, weil deren Rennen nach acht Stunden beendet ist. Da dauert unser Rennen ja noch fünf, sechs Stunden. Viele haben mich schon gefragt, ob wir eigentlich alle einen „Pascher“ haben. Darum ist in der Triathlonszene auch die Wertschätzung der Profis für Amateure und umgekehrt sehr hoch. Hinzu kommt, dass wir ja alle im selben Rennen starten.
Das gibt es auch nur bei wenigen Sportarten. Man begegnet während des Rennens der Weltspitze. Selbe Wechselzone, selber Rennkurs. Das verbindet einfach auch.
Warum hast du dich generell für den Ironman entschieden und nicht für eine schnellere Zeit auf einer der kürzeren Distanz?
Jakob Schmidlechner: Bis zu meinem Klagenfurt-Besuch im Jahr 2010 war ich mir sicher, dass ich so was nie machen werde, weil sich das alles neben dem Mohrenwirt nicht ausgeht und da nur die Besten der Besten mitmachen. Als ich aber gesehen habe, wer und vor allem wie die Teilnehmer ins Ziel einliefen, war das sehr beeindruckend. Wir sind dann zwei Stunden mit Gänsehaut auf den Armen und Tränen in den Augen im Ziel gestanden. Emotion pur. Wenn du so etwas erlebst und nur ein bisschen gefährdet bist, dann meldest du dich am nächsten Tag an.
Was waren die größten Unterschiede zwischen den beiden Ironman Rennen in Klagenfurt und Roth?
Jakob Schmidlechner: Ein Slogan der Challenge Roth ist: Triathlon Family. Das habe ich nicht verstanden, bis ich dort war. Dann merkst du, dass es zwar ein professionelles Unternehmen ist, aber dennoch eine „Familie“ dahintersteckt. Da ist der ganze Landkreis stolz, dass sie die Challenge haben. Ich hab das Gefühl gehabt, wenn ich in der Pampa mit dem Rad wo stehenbleib, bei einem Haus anklopfe und frag, ob ich mich duschen gehen darf, dass mich die auch reingelassen hätten.
Die Ironman-Serie ist eine amerikanische Corporation, die gewinnorientiert arbeitet. Man merkt, dass alles durchorganisiert ist und von einer Firma geleitet wird, die einen brillanten Job macht, dennoch ist die Challenge Roth von der Herzlichkeit und der Freundlichkeit noch eine Stufe über Klagenfurt zu stellen.
Wenn du da in glasklarem Trinkwasser schwimmst, dann ist das auch etwas, was wir als Kapital einbringen können
Warum ist Fuschl für dich DIE Rennrad- und Triathlongegend?
Jakob Schmidlechner: Wir sind in Fuschl sehr bevorzugt. Das kriegen wir auch von unseren Gästen immer wieder bestätigt, dass wir der Triathlon-Hotspot Europas werden können. Es ist auch gar nicht vermessen, das zu sagen. Weil jeder, der von wo anders herkommt und einmal im Fuschlsee geschwommen ist, völlig von den Socken ist. Wenn du da in glasklarem Trinkwasser schwimmst, dann ist das auch etwas, was wir als Kapital einbringen können. Das wissen wir oft auch gar nicht mehr zu schätzen, bis wir die Erfahrung machen.
Da sind auch Temperaturen und Wetter kein Problem. Die Engländer, die zu uns kommen, die schwimmen in zwölf, 13, 14 Grad kaltem Wasser. Wenn sie das nicht machen würden, könnten sie in England das ganze Jahr über nicht schwimmen. Die kommen da her und der See hat im Mai 15, 16 Grad.
Zukunftsmusik: Steht die nächste Generation bereit, irgendwann das Rennrad- und Triathlonhotel zu übernehmen?
Jakob Schmidlechner: Das ist schwer zu sagen. Unsere Tochter Anna ist erst 14. Ein Grundinteresse ist da, allerdings ist es noch zu früh, um etwas in der Richtung zu sagen.
Schlussfrage: Was sagen dir die Zahlen 12:58:08 und 13:42:29?
Jakob Schmidlechner: Das sind zwei Tage, die ich nie vergessen werde (lacht): meine Finisherzeiten in Klagenfurt 2011 und Roth 2012.
Wir danken für das Interview.
Der Mohrenwirt zum Kennenlernen:
Das Hotel: www.mohrenwirt.at
Der Blog: www.racethelake.at
Auf Facebook: www.facebook.com/hotelmohrenwirt
Lesen Sie außerdem:
Pioniere im Fokus – Chris Mannel
Pioniere im Fokus – Gerhard Budy