Sibylle hat sich den Hochkönigman „angetan“. Und der hat es ihr angetan! Am Ende lief die Sportalpen Athletin als erste Frau durch das Ziel und sicherte sich so den Staatsmeistertitel im Trailmarathon.
Der Hochkönigman macht nervös
Normalerweise kenne ich keine Nervosität vor Bewerben und im schlimmsten Fall meldet sie sich erst kurz vorm Start. Dieses Mal stieg der Puls allerdings schon beim bloßen Gedanken an den Bewerb. Die Startnummer habe ich vorsichtshalber schon am Tag vor dem Hochkönigman abgeholt, weil Maria Alm ja fast bei mir um die Ecke liegt.
Die Ruhe vor dem Sturm
Am Veranstaltungstag selbst war ich wesentlich ruhiger. Um 06:00 Uhr ging’s los – mal wieder mit meiner besseren Hälfte an meiner Seite – damit wir zum Briefing um 07:00 Uhr auf alle Fälle vor Ort waren. Beim Briefing selber hörte ich wenig Neues, also ab zum Aufwärmen, da um 08:00 Uhr bereits der Startschuss erfolgte.
Falsch abgebogen
Ich hatte mich relativ weit vorne eingereiht, damit ich an Engstellen nicht meinen Platz behaupten musste. Wir legten gleich ein ordentliches Tempo vor und nachdem ich an der Front unterwegs war, konnte ich auch sehen, dass sich keine Frau vor mir befand. Leider legten wir gleich mal eine Ehrenrunde ein, weil an einer Weggabelung in beide Richtungen Markierungen hängten. Also befand ich mich schlagartig fast auf dem letzten Platz und musste mich wieder nach vorne kämpfen: zu Beginn schon viel Pulver verschossen…
Motivation vom Streckenrand
Die Markierungen waren zwischendurch eher dürftig und so war ich froh, dass beim Abschnitt Jufen-Jufenalm-Primbachkögerl-Massingsattel noch einige Läufer um mich waren. Dann ging es das erste Mal ein Stück bergab nach Hinterthal, wo sich die erste Labe befand. Meine Uhr zeigte schon jetzt zwei Kilometer zuviel an – das konnte ja heiter werden… Dem Dämpfer folgte allerdings ein Zwischenhighlight: Mein Freund Hermann stand am Streckenrand und feuerte mich an! Weiter führte die Strecke über eine breite Forststraße auf die Pichlalm. Im Vorfeld habe ich lange überlegt, ob ich meine Stöcke überhaupt mitnehmen soll, da ich dank meiner Daumenschiene heuer noch kein einziges Training mit Stöcken absolviert hatte. Dennoch erschien es mir sinnvoll sie auszupacken – und ich legte sie erst im Ziel wieder weg!
Der Überraschungsgast
Es war weit und breit keine Frau hinter mir zu sehen und als ich am Filzensattel ankam, rief mir Hermann zu, dass ich fünf Minuten Vorsprung hatte. Das war nicht viel, also weiter in dem Tempo! Immer wieder gesellten sich kurzzeitig Mitstreiter an meine Seite. Bis nach Dienten lief ich etwa mit dem Organisator vom Tourismusverband aus Maria Alm. Die Wasservorräte schrumpften bei den Temperaturen gewaltig und so musste manch ein Brunnen oder Bach zum Softflask auffüllen herhalten. Vom Filzensattel führte der Weg ein klein wenig bergauf und dann auf schönen Trails runter nach Dienten zur zweiten Labstation mit Iso, Obst und Kuchen. Dort wartete überraschenderweise meine Mutter auf mich – mein treuester Fan ;).
Keine Musik
Dieses Mal reichte ein Auffüllen der 0,5l Softflask nicht. Mein Camelbak musste neu befüllt werden, da mich die nächste Labe erst bei Kilometer 31 erwartete. Dazwischen liegt außerdem der längste Anstieg der Strecke in der prallen Mittagshitze (inzwischen war es 11:00 Uhr). Zwischendurch wollte ich mir die Zeit ein wenig mit Musik vertreiben, doch das verging mir schnell wieder weil ich erstens einen meiner Ohrstöpsel verlor und ich mich zweitens auf die Markierungen konzentrieren musste.
Sightseeing beim Hochkönigman
Die Landschaft zeigte sich immer von ihrer schönsten Seite und am Klingspitz angekommen hatten wir einen grandiosen Ausblick. Auch die Temperatur war leichter zu ertragen und es blies ein angenehmer Wind. Von hier oben konnte man aber auch ganz gut abschätzen, was da noch vor uns lag. Zum Statzerhaus am Hundstein kam ich dennoch recht flott nach rund fünf Stunden.
Das letzte Stück
Dort traf ich auf die dritte und gleichzeitig letzte Labe, wo mich erneut Hermann als mentale Unterstützung empfing. Noch einmal füllte ich den Camelbak und versorgte mich mit Orangen, Bananen, Cola und Kuchen. Weiter ging es ein klein wenig bergab, über Schneefelder Richtung Schwalbenwand. Aber das „rüber Richtung Schwalbenwand“ hatte ich mir schneller vorgestellt. Inzwischen war ich völlig auf mich alleine gestellt, weit und breit keine Menschenseele in Sicht – weder vor, noch hinter mir und die Beine wollten auch nicht mehr so recht.
Allein, allein
Insgesamt warteten dann noch vier Anstiege bis zur Schwalbenwand. Wenn man dann allerdings glaubt, man fliegt Maria Alm entgegen, täuscht man sich. Ein Wegweiser mit einer Zeitangabe von vier Stunden bis Maria Alm zeigte mir, dass noch eine ganze Strecke vor mir lag – und das obwohl man diese Zeitangaben üblicherweise dritteln kann. Noch dazu meldete sich mein Knie und die steile Forststrasse sollte nicht zur Linderung beitragen.
Dem Staatsmeistertitel entgegen
Aber Maria Alm kam immer näher und die Uhr zeigte inzwischen schon mehr als 48 Kilometer an. Weit konnte es also nicht mehr sein! Bald war das Ende in Sicht und der Zieleinlauf war mehr als toll: Einige bekannte Gesichter jubelten mir zu. Ich sah Hermann, meine Mum und viele kleine Plantschbecken mit kaltem Wasser :). Zuerst mal abkühlen, genießen und dann zum Siegerinterview: Ich hatte es tatsächlich geschafft, keine Frau hatte mich überholt! Die Zweit- und Drittplatzierte lagen sogar ganze 45 Minuten hinter mir! Somit hatte ich den Gesamtsieg und den Staatsmeistertitel im Trailmarathon eingeheimst! Ein unvergessliches Rennen.
Eure Sibylle