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Pioniere im Fokus: Stefan Probst von Airstreeem

Der Airstreeem-Gründer Stefan Probst begann die Arbeit an seiner Firma am Dachboden seiner Schwiegereltern. Nach fünf Jahren hat sich der Salzburger mit Airstreeem dank eines speziellen Ansatzes im konkurrenzstarken Rennradmarkt einen Namen erarbeitet und das Dachbodenprojekt zu einem erfolgreichen Unternehmen gemacht.

Das Rad neu erfinden

Mit 17 Jahren kam er mit dem Wettkampfsport in Kontakt, dem er jahrelang treu blieb.Mit 22 schnupperte er das erste Mal Entwicklungsluft. 2008 erfüllte sich seinen Traum von der eigenen Radfirma. Mit Airstreeem schaffte er etwas, das in der heutigen Zeit nur mehr selten erreicht wird – erfolgreich mit einem Produkt in einen eigentlich gesättigten Markt einzusteigen.

Nur fünf Jahre später sind die Airstreeem-Räder der gesamten Radwelt ein Begriff. Unkonventionelle Konstruktionsansätze machen die Marke zum Qualitäts-Spezialisten. Doch der Weg dahin war nicht immer einfach…

Stefan, seit wann begleitet das Rad deinen Lebensweg?

Mit 17 bin ich über meinen Onkel zum Radfahren gekommen – also relativ spät.

Mein erstes Rennrad hab ich mir durch die Ferialarbeit verdient und zu den ersten Rennen kam ich dank des Radsportförderers Wolfgang Hirschel vom Magazin Radwelt.

Der hat meinen Bruder und mich immer zu den Rennen abgeholt. Auch weil sich das unsere Mutter nicht hätte leisten können uns zwei immer herumzufahren.

Haben du und dein Bruder die Rennradkarriere gemeinsam begonnen?

Nein, ich bin zwei Jahre älter und habe ein Jahr früher begonnen. Mein Bruder ist mir dann aber gefolgt und hat dafür sogar seine vielversprechende Tischtenniskarriere (Schüler-Staatsmeister, Anm.) aufgegeben. Wir haben immer nach der Schule trainiert. Als ich zum Zivildienst kam war ich dann im U23 Nationalteam. Und danach war ich fast zehn Jahre im Profiteam von KTM, beziehungsweise Bosch – aber immer nur nebenberuflich.

Wie bist du in Kontakt mit der Entwicklung gekommen?

Ich habe mit 22 Jahren als Produkt-Manager in einem bayrischen Unternehmen angefangen und Fitness-Geräte entwickelt. Dadurch war ich auch sehr oft in Asien und habe mich Schritt für Schritt in der Materie weiterentwickelt. Ich war 7-8 Mal im Jahr in Fernost, habe mir dort Carbonfabriken angeschaut und Kontakte geknüpft.

Das war also schon so etwas wie der Anfang?

Genau. Eigentlich angefangen hat es dann aber mit der Firmengründung im Jahr 2008.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die du aus diesen Jahren als Produkt-Manager mitnehmen konntest?

Grundsätzlich mal das Netzwerk und die Produktentwicklung. Also wie man ein Produkt von der Idee bis zur Markteinführung erfolgreich positioniert.

Wie genau lief die Gründung von Airstreeem ab?

Eigentlich hat die Firma schon vor der offiziellen Gründung „angefangen“ – aber eher unbewusst. Ich hatte bei einem Aufenthalt in Asien den Australier Paul kennengelernt, den Entwicklungsleiter einer Produktionsstelle. Dadurch, dass ich im deutschen Normenausschuss für Fitnessgeräte gesessen bin, konnte ich der Fabrik bei Produktentwicklungen helfen.

2007 haben wir zum Beispiel einen Prototyp gemacht mit dem mein Bruder Zeitfahrstaatsmeister wurde. Ich habe aber gleichzeitig auch sieben Tage die Woche gearbeitet und mich mit der Zeit ziemlich ausgebrannt gefühlt. Nach einer längeren Auszeit habe ich mich dann dazu entschieden, den Job nicht mehr zu machen und habe verstärkt begonnen Paul bei der Entwicklung von Laufrädern zu helfen. Daraus ist dann schließlich Airstreeem entstanden.

Wie viel Risiko war mit dem Schritt in die Selbstständigkeit verbunden?

Es war für mich sicher kein leichter Weg. Ich komme auch aus relativ einfachen Verhältnissen. Am Anfang war es sehr hart und da musste ich auch ein entsprechendes Risiko eingehen. Man muss einfach sehr sparsam mit den Ressourcen umgehen. Ich glaube, dass das auch heute noch unser Unternehmen auszeichnet. Wir haben durch unser riesiges Netzwerk außerdem einen großen Vorteil, weil ich im Leistungssport ein gutes Verhältnis zu echten Freunden habe, die mir jederzeit helfen.

Warum hast du beschlossen, das Spektrum auszubauen und auch Rahmen zu produzieren?

Weil das immer schon meine Passion war. Ich habe gemerkt, dass es auf dem Markt zwar Massenprodukte gibt, aber nur sehr wenig Hersteller, die sich wirklich spezifisch Gedanken machen. Wir haben zum Beispiel Rennräder für den klassischen Hobbyfahrer, der eher eine Komfortsitzposition hat. Dann gibt es aber auch die steife Rennmaschine für den echten Rennfahrer.
Sowas rentiert sich halt auch für große Marken nicht wirklich. Die müssen ja entsprechende Mengen produzieren, dass sich die Werkzeuge und der ganze Fertigungsaufwand rechnen. Da haben wir auch einen Vorteil durch den direkten Zugang zur Produktionsstätte.

Wie viel Zeit nimmt die Entwicklung eines Rahmens in Anspruch?

Ich glaube, dass wir da als kleine und flexible Firma sehr schnell sind. Wir haben es jetzt geschafft innerhalb eines Jahres eigene Werkzeuge, eigene Prüfreferenzen und Carbonlayouts für eine Carbongarnitur zu entwickeln. Wenn wir die Notwendigkeit sehen, dass ein Produkt entwickelt werden sollte, dann Planen wir da nicht ewig herum sondern machen es einfach. Grundsätzlich kann man sagen, dass eine klassische Produktentwicklung von einem Carbonrahmen ungefähr zwei Jahre dauert. Das heißt wir entwickeln jetzt für 2015.

Und bei Laufrädern?

Bei Laufrädern ist es natürlich kürzer. Da sind wir momentan dabei, dass wir das in einem Jahr schaffen.

Ihr arbeitet ja auch mit Sportwissenschaftlern zusammen. Welchen Input können sie euch geben?

Das beste Beispiel dafür ist unser Profi-Ergometer, der auf der Protour von nahmhaften Sportlern und Sportinstituten eingesetzt wird. Im Radbereich haben wir in Klagenfurt beim Ironman eine Studie gemacht, in Zuge derer wir festgestellt haben, dass etwa 80% der Hobbyathleten in aufrechter Lenkerposition fahren. Wir haben dann versucht ein Rad (Aerotype, Anm.) zu konzipieren, das es den Sportlern auch nach 70 Kilometern ermöglicht, aerodynamisch zu fahren. Ein weiterer Punkt ist die Sitzpositionseinstellung. Auch da werden neue Geometrien zusammen mit Sportwissenschaftlern entwickelt.

Welche Schritte durchlaufen die Produkte im Entwicklungsprozess, bevor sie zur Herstellung freigegeben werden?

Am Anfang steht die Marktanalyse. Man stellt sich die Frage: Welche Produkte sind bereits am Markt? Dann legt man die Ziele für das Produkt fest. Auch wie man sich von den anderen differenzieren will. Unsere Philosophie ist Racing Efficiency. Wir wollen Material von Profis für Profis bieten. Das ist auch der wesentliche Unterschied zwischen uns und anderen Marken. Bei uns werden die Rahmen auch nach den Pro-Tour Standards gefertigt. Wenn du die Produktspezifikationen dann definiert hast werden die Sachen designt. Da arbeiten wir dann mit Industriedesignern zusammen.

Wie viele Prototypen braucht es ungefähr, bis man beim perfekten Produkt angelangt ist?

Grundsätzlich ist das natürlich sehr budgetabhängig. Wir versuchen das in Grenzen zu halten, indem wir sogenannte Finite-Element-Analysis machen. Das sind Berechnungen am Computer. Wenn wir einen Carbonrahmen komplett neu entwickeln kann man mindestens von 30 geschrotteten Prototypen ausgehen. Bei den Carbonfelgen sind wir etwa bei 25 Garnituren.

Was genau ist es, das die Rahmen voneinander unterscheidet?

Das hängt hauptsächlich mit den Rohrspezifikationen zusammen. Es kommt auch darauf an, wie du die Carbonlayouts klebst. Wenn du ganz schmale aerodynamische Rahmen klebst, dann hast du natürlich immer schlechtere Werte und die Rahmen beginnen zu flattern.

Haben Standorte in Österreich überhaupt das nötige Know-How und die Möglichkeiten um eure Räder zu produzieren?

In der Monocoque Fertigung, wo Carbonrahmen oder –felgen konstruiert werden, ist es sehr problematisch. In Europa sind wir zwar sehr gut in der Auto-Industrie, aber da wird nach einem anderen Fertigungsverfahren produziert, wie etwa bei bei der Firma Carbo-Tech. Es gibt zwar einige Carbonhersteller in Europa, aber da ist die Performance nicht wirklich großartig. Mein Traum wäre es, irgendwann in Europa zu produzieren.