Das Abenteuer hat Trailhero Sarah gerufen – und Sarah hat geantwortet. Ihre Adventure-Story über Ihren Trailrun aufs Plateau der Drei Zinnen in den Dolomiten.
Meine Welt sind die Berge
Schon oft habe ich mich gefragt, was meiner Liebe den Bergen gegenüber zugrunde liegt. Selbst bin ich nicht unmittelbar in solchen aufgewachsen; doch als Kind besuchte meine Familie oft die Chiemgauer Alpen.
Begeistert haben mich diese Wanderurlaube damals nicht – ich wünschte mir lieber Urlaube am Meer. Das Potential der Berge (aus heutiger Sicht) nicht voll ausgeschöpft, landete ich einige Jahre später am Meer und genoss die Weite, die sich mir bot. Doch schnell bemerkte ich, dass mir etwas Wesentliches zu fehlen schien: Höhe.
Als mein geplanter Jahresaufenthalt in Neuseeland nicht glückte, entschloss ich mich kurzerhand, abermals in die bayerischen Alpen zu fahren. Und so kam es, wie es kommen musste: Ich blieb dort.
Auch heute noch empfinde ich gegenüber dem Berchtesgadener Land eine große Solidarität. Dennoch oder gerade deshalb reise ich parallel dazu gerne in weitere Bergregionen, um meinen Erfahrungsschatz ausbauen und andere Regionen sowie deren Trails kennenlernen zu können. Daher passiert es nicht selten, dass es mich an einem verlängerten Wochenende samt meines Skoda Fabias an den Gardasee oder in die Dolomiten verschlägt.
Eigenwillig unterwegs
Reise ich in die nähere Umgebung (Österreich, Slowenien, Italien), nutze ich meist mein Auto als Transportmittel und Wohnoption. Viel Platz bietet das zwar, aber dennoch Raum für die nötigsten Utensilien.
Stoße ich in meinem Umfeld mit solchen Reisen hin und wieder auf Unverständnis, so scheinen sie dennoch unweigerlich mit meiner Persönlichkeit verknüpft: Ich brauche, ja sehne mich förmlich nach diesen Zeiten des spartanischen Lebens. Sie zeigen sie mir stets, wie wenig ich zu einem erfüllten Alltag benötige. Da gibt es ein bisschen Essen, einen Schlafsack, zwei Kissen und meine Rücksitzbank. Und wenn ich abends zusammengerollt darauf liege und die Helligkeit des Tages noch nicht verschwunden ist, blicke ich aus meinem Autofenster und sehe sie: die Berge. Das ist der wahre Luxus, meine äußerste Priorität bei solchen Reisen.
Tre Cime di Lavaredo – die Drei Zinnen
Zum dritten Mal bereise ich für diese Tour die Sextner Dolomiten und freue mich, nach einem fordernden vertikalen Wettkampf in Richtung Süden zu fahren. Während der Fahrt lasse ich das Rennen Revue passieren und bereite mich gleichzeitig auf mein nächstes Ziel vor: ein Trailrun zum Plateau der Drei Zinnen!
Auf dem Wanderparkplatz in Cortina d’Ampezzo angekommen, ist das Wetter getrübt, kühl und gibt dennoch den zentralen Ausblick auf die Drei Zinnen frei. Die bloße Existenz der gewaltigen Zacken beeindruckt mich – sie ziehen mich komplett in ihren Bann.
Ich freue mich bereits jetzt, die Zinnen am morgigen Tag aus nächster Entfernung bestaunen zu können. Nachdem ich ein paar Snacks gegessen und mich schlaftechnisch eingerichtet habe, ist es Zeit den Tag zu beenden.
1.000 Höhenmeter
Um sechs Uhr morgens durch die aufgehende Sonne geweckt, beginnt der Tag mit dem Ausblick auf mein heutiges Vorhaben. Das Wetter verspricht Sonnenschein und wärmende Temperaturen, weshalb ich mich für leichtes Equipment entscheide. Es folgt die morgendliche Routine mit Müsli und Banane sowie das Packen meines Laufrucksackes.
Da ich heute über 1.000 Höhenmeter laufen werde, nehme ich ausreichend Wasser mit, um keine Dehydratation zu riskieren. Wer weiß wo ich an nächster Stelle meine Flasks auffüllen kann? Ein paar Obstriegel in den Taschen verstaut, die Schuhe zugeschnürt und meine Uhr gestartet: Los geht’s.
Es geht zunächst gemütlich und eher flach ansteigend durch ein Tal bergaufwärts. Die Steigung ist kaum nennenswert, jedoch spüre ich meine schweren Beine vom Vortag und so muss ich mit meinen Kräften zunächst haushalten. Nach etwa sechs Kilometern erreiche ich ein noch übrig gebliebenes Schneefeld, welches überwunden werden möchte. Einmal mehr bemerke ich, wie wichtig die Auswahl adäquaten Materials ist: Durch den nun eintretenden Temperaturwechsel bin ich mit meinem Ultra Seam-Tech von Dynafit bestens ausgestattet.
Run auf die Spitze
Weiter im Geschehen erwarten mich nun kleinere Serpentinen, die mich schlussendlich zum ersten Plateau der Drei Zinnen führen. Ich werde überwältigt von den Gipfeln, die sich vor mir auftun: Meine Augen füllen sich mit Tränen, gerührt von dem kolossalen Anblick, der sich vor meinen Augen auftürmt. Ich empfinde eine tiefe Verbundenheit zu diesem Ort, wenngleich ich ihn erst zwei Mal zuvor besucht habe.
Sind es möglicherweise die Dolomiten-Gespräche mit meinem Vater, die in mir Vertrautes auslösen? Wenn wir darüber sprechen, so erzählt er mir von seinen Touren, Erlebnissen und Empfindungen. In solchen Momenten werden Wörter zur realen Erfahrung.
Von diesen Gedanken beeinflusst laufe ich weiter zur Drei Zinnen Hütte – die Zinnen nun stets im Seitenblick – von welcher ich auf einen Felsvorsprung des Toblinger Knotens komme. Das sich vor mir erstreckende Panorama gleicht (m)einer Paradiesvorstellung:
Angekommen
Oben angekommen treffe ich auf eine Gruppe von Engländern, die den Toblinger Knoten erklettern wollen. Wir unterhalten uns kurz über die Route, bestaunen die Zinnen, bis sich unsere Wege wieder trennen.
Nun bin ich allein – inmitten meines persönlichen Traumes. Zuweilen weiß ich nicht, wo ich zuerst hinsehen soll, bei so vielen Bergen und Felsvorsprüngen.
Nachdem ich mir die Zeit genommen habe, breche ich auf, um mich auf den Rückweg zu meinem Auto zu machen. Die Wolkenschicht kündigt in naher Zukunft Schlechtwetter an. Auch beim Abstieg habe ich das Weltnaturerbe stets im Blick, betrachte es ganz genau. Bereits jetzt freue ich mich auf den Moment, bald wieder in den Dolomiten laufen zu können. Bis dahin, genieße ich die Erfahrungen, die ich bei diesem Trailrun machen durfte.