Dynafit Trailhero Jamie verknüpfte ihren Sommerurlaub mit einem ganz besonderen Trainingsumfeld. Auf Island wartete neben Lavagestein auch eine Herausforderung, die alle Erwartungen in den Schatten stellte.
Spontan zum Ultra Trail
Ich hatte immer diesen Traum … einmal in Island trailrunnen zu dürfen! 2017 wurde dieser im Juni endlich Realität. Ich hatte keine Ahnung, was genau mich erwarten würde und entschied mich zwei Tage vor dem Flug noch spontan zu einer Anmeldung bei einem Ultra Trail. So, dachte ich mir, würde ich sicher erfahren, wie und wo die Isländer so herumlaufen.
Der Mt. Esja Ultra protzte im Vorfeld mit Fakten: 46 km und 4000 hm sowie 77 km und 6600 hm standen zur Wahl. Das allein ließ mich kurz schlucken und ich versuchte, alle Kleinigkeiten und Verpflegung kurz vor dem Flug zu besorgen, inklusive Raw Bars, Iso-Pulver und Calcium Tabletten.
Briefing & Start
Der Start sollte um 8:00 Uhr stattfinden und das Briefing eine Stunde davor. Es regnete ununterbrochen, war kalt und extrem windig. Nicht die besten Voraussetzungen, aber ich behielt meinen Optimismus. No risk, no fun! Die Ansage der Veranstalter änderte daran nichts:
„It’s very slippery, it’s wet, it’s very technical and very rough. There will be a cliff, be careful. And there‘s also a ridge. You really have to pace yourself downhill! You will have a looong day in the mountains.“
Der Start wurde von unermüdlichem Regen begleitet. Alles zitterte und etwa 30 Läufer aus Dubai, Schweden, Japan und woher auch immer setzten sich zügig bei Startschuss in Bewegung, über die wahrscheinlich einzige und letzte Straße dieser Art.
Weg ins Abenteuer
Recht schnell ging es von der Straße auf steinige Pfade und weiter zu einem Fluss, den man an einer geeigneten Stelle durchqueren musste. Das Wasser war eiskalt, meine Stimmung auf Abenteuer programmiert. Klitschige Steine boten keinen Halt, da halfen auch die besten Alpine Pro von Dynafit nichts mehr, die an diesem Tag Ultra-Premiere hatten.
Nach dem Fluss ging es ans Eingemachte: 300 Höhenmeter auf einem Kilometer waren keine Seltenheit! Es gab auch keine Pfade mehr, querfeldein kämpfte ich mich auf sehr rauem Untergrund den schier endlosen Berg hinauf. Was mir im Nachhinein bewusst wurde: Stöcke wären definitiv empfehlenswert gewesen! Ich hatte keine und nutzte meine Hände als Stütze auf die Oberschenkel, was für mich gut funktionierte. Technisch, im extremen Wind und mittlerweile vom Nebel verschluckt, kämpfte ich mich den pinken Markierungen entlang.
Durch die Wildnis
Die meiste Zeit gab es keine Pfade, geschweige denn Wege. Flussquerungen, riesige lose Steine, tiefe Moose und hohe Gräser an reißenden Flüssen konnten einem ganz schön zu schaffen machen. Downhill auf so einem Terrain in einer „4er Pace“ hinabzufliegen, das schafften nur die Einheimischen!
Viele gaben schon nach dem ersten Lap auf, doch die Frauenquote hielt sich tapfer auf jenen drei Läuferinnen, die gestartet waren. Ich war dermaßen „high“ vom Berg, dass ich die ganzen Umstände gar nicht wahrnahm, einfach weil ich mich so sehr freute und ich die Kraft hatte, die ich für diesen Tag brauchte.
Es zahlt sich aus, mental stark im Kopf zu sein, denn jeder Lap endete im Tal und man musste oft die gleiche Strecke wieder hoch in die Berge laufen. Im Eisregen, Starkwind und dem dichtesten Nebel, den ich jemals gesehen habe.
Wegfindung
Ein Stück Vorbereitung, das ich gerne teile und das mich letzten Endes gerettet hat: den Streckenverlauf unbedingt auf die Uhr spielen! Ich hatte mich zwei Stunden lang verlaufen, wich Abgründen aus, wurde von Wasserfällen oder reißenden Flüssen zu einer Richtungsänderung gezwungen. Die Markierungen waren oft nicht vorhanden oder kaum zu sehen. Das Highlight waren Kletterpartien ohne Sicherung, eine davon auf ein Ridge – nass und glitschig. Mit Höhenangst nicht unbedingt zu empfehlen, aber hey, ich habe es einfach gemacht, und irgendwann landete ich schließlich auch überglücklich im Ziel!
Paradies für ambitionierte Läufer
Die 46 km reichen in so einer Umgebung auf jeden Fall aus, denn die nächsten zwei bis drei Tage war an Laufen erstmal nicht zu denken. Nur zwei Männer wagten sich beim Ultra an die 77 km und wenn überhaupt, kam nur einer durch. Denn als ich ging, lief er noch immer.
Die Isländer sind sehr herzlich, motivierend und versuchen wirklich zu helfen, wo es nur geht. Wer in Island bei solchen Rennen teilnehmen möchte, dem lege ich nahe, sich nicht selbst zu überschätzen und bereits Ultra-Erfahrung zu haben. Downhill-Skills sind von Vorteil. Dann ist ein Abenteuer garantiert, welches man so schnell nicht mehr vergisst.
Mein Island-Fazit
Island ist einsam und wunderschön. Laufen ist auch auf eigene Faust möglich, es macht aber mehr Spaß, wenn jemand dabei ist, der sich gut auskennt. Man gerät zu oft in Sackgassen, die das Laufen behindern. Bergsprints waren auf jeden Fall super möglich. Wer auf raues Klima, Abgeschiedenheit, Abenteuer und Höhenmeter steht, der sollte unbedingt in Island die Laufschuhe schnüren.