Kaiserdurchschreitung
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6 Tipps für eine Tagestour im Wilden Kaiser

Timing, Tempo, Trittsicherheit

Wer ihn einmal gesehen hat, verspürt automatisch das Verlangen ihn auch zu erleben. Mächtig, beeindruckend und durchaus ein wenig einschüchtern thront der Wilde Kaiser in Tirol. „Da muss ich rauf“, geht einem unweigerlich durch den Kopf beim Anblick der zackigen Gebirgskette. Doch wie die grobe Formation schon erahnen lässt, sind die Touren auf dem Wilden Kaiser nicht zu vergleichen mit einer Wanderung über sanfte Almwiesen. Wie eine Tagestour im alpinen Gelände zum Highlight wird, verrät Bergführer Andy Schonner von der Alpinschule Ellmau.

Der Profi am Berg

„Mit Wandern hat das nichts mehr zu tun“, meint Andy, der den Wilden Kaiser aus allen Himmelsrichtungen kennt. „Wer sich auf den Kaiser wagt, begibt sich in alpines Gelände, hier sprechen wir von Bergsteigen“, so der Ellmauer. Seit 26 Jahren ist er Bergführer und begleitet Bergsteiger jeden Levels auf ihren Touren. Mit Herz und Leidenschaft kümmert er sich um seine Schützlinge, gibt immer wieder Technik-Tipps und erzählt von der alpinen Geschichte seiner Heimat.

Bergführer Wilder Kaiser

Während einer Tour entgeht ihm gar nichts, mit wachsamen Augen und Ohren beobachtet er seine Gruppe und registriert sofort, wenn jemand seine Stöcke falsch verwendet oder sich unwohl fühlt. „Als Bergführer will man den Teilnehmern die Tour so angenehm und schön wie möglich gestalten. Für mich ist es das Größte, wenn ich am Gipfel strahlende Gesichter sehe“, erzählt er über seine Passion. Und wer seine Ratschläge für eine Tagestour am Wilden Kaiser beherzigt, begibt sich auf den besten Weg zu seinem ganz persönlichen Strahlen.

Timing ist alles

Zugegeben, in höheren Lagen ist es ein paar Grad kühler als im Tal. Die Sonne entwickelt aber oberhalb der Baumgrenze eine enorme Kraft. In Kombination mit Felswänden und Schneefeldern verstärkt sich ihre Wirkung. Neben dem passenden Sonnenschutz ist daher auch das Timing ausschlaggebend für eine angenehme und schöne Tour. „Immer wieder treffe ich auf Bergsteiger oder Kletterer, die zu spät zu einem Einstieg kommen“, erzählt Andy. Lieber zu früh, als zu spät losgehen ist ratsam.

Auch die Ausrichtung der Tour kann die Temperaturen angenehmer gestalten. So empfiehlt Andy zum Beispiel die Kaiserdurchschreitung von Norden nach Süden zurückzulegen. Denn nördlich befindet sich der anspruchsvollere Teil, die Steinerne Rinne, die inmitten der Gipfel Predigstuhl und Fleischbank liegt. Die hohen Felswände sorgen für Schatten im Aufstieg. Beim Abstieg befindet man sich dann im südlichen Teil wo die Sonneneinstrahlung stärker, aber die Wegbeschaffenheit einfacher wird.

Der richtige Schuh

Ein ordentlicher Bergschuh ist für die Touren im Wilder Kaiser das um und auf. „Immer wieder kommen Teilnehmer in Turnschuhen zum Treffpunkt“, schildert Andy. Für alpines Gelände sind diese zu weich und geben nicht den notwendigen Halt. Der passende Schuh muss knöchelhoch sein, um den Fuß auf losem Gestein und in Geröllhalden zu unterstützen. Eine feste Sohle mit gutem Profil sorgt dafür, dass Tritte auf Stein, Schotter und Schnee besser sitzen. Der sogenannte Geröll- oder Zehenschutz spricht für sich. „Wenn er dann noch atmungsaktiv, wasserdicht und nicht zu schwer ist, kann nichts mehr schief gehen“, so Andy.

TIPP: Blasenpflaster im Rucksack können Touren retten.

Tempo, Trinken, Pausen

Woher weiß man, wie lange man auf einer Tour unterwegs sein wird? Meist findet man in den Tourenbeschreibungen Zeitangaben zu Auf- und Abstieg. Demnach ist es ein Leichtes die Gehzeit für die Tour zu berechnen. Misst man die Tour aus einer Karte kann man die Dauer mit einer Faustregel berechnen, die Andy erklärt:
„Durchschnittlich legt ein Mensch pro Stunde 300 m im Aufstieg und 500 m im Abstieg sowie 4 km Horizontalentfernung zurück. Nun einfach die Tour aus der Karte messen und die entsprechenden Werte berechnen. Von Horizontal- und Vertikalentfernung wird danach der kleinere Wert halbiert und zum Größeren addiert. Und schon weiß man die ungefähre Dauer für die geplante Tour.“
Mit diesen Richtwerten behält man sein Tempo im Auge. „Grundsätzlich ist es besser, wenn man ein gleichmäßiges Tempo wählt“, empfiehlt Andy.

Pause Wilder Kaiser

Auf einer Tour, wie der Kaiserdurchschreitung, werden immer wieder Stopps eingelegt, um Klettergurt und Helm anzulegen. Diese Pausen sind die perfekte Gelegenheit für eine Stärkung. Zusätzlich empfiehlt sich auf dem Weg zum Gipfel, je nach Kondition, mehrere Pausen einzulegen um sich regelmäßig mit Energie zu versorgen. Und auch dazu hat Andy einen wichtigen Hinweis: „Für die Pausen wählt man einen sicheren Platz. Bevor man zur Verpflegung greift, werden Flaschen, Helme, etc. gesichert. Der Helm ist meistens als erstes dahin. Bevor es weitergeht, kontrolliere ich noch ob auch wieder alles eingepackt wurde, denn am Berg gilt: Jeder nimmt seinen Müll selbst wieder mit ins Tal.“

Durch die Bewegung ist der Bedarf an Flüssigkeit automatisch höher. Folgende Faktoren steigern den Bedarf an Flüssigkeit:

  • Länge und Dauer der Tour
  • Schwierigkeitsgrad
  • Temperatur
  • sinkende Luftfeuchtigkeit in zunehmender Höhe

„Für die Kaiserdurchschreitung mit vier Stunden im Aufstieg bis auf 2.242 m Höhe und zwei Stunden im Abstieg empfehle ich mindestens 1,5 Liter Flüssigkeit mitzubringen. Lieber etwas mehr als zu wenig, denn eine Einkehrmöglichkeit gibt es erst am Ende der Tour“, so Andy.

Bein- und Armarbeit

Menschen die in den Bergen aufwachsen, lernen das Gehen im Gelände oft instinktiv in der Kindheit. Für Flachländer sind die unwegsamen Gegebenheiten Neuland. Bei einer geführten Tour mit Andy beobachtet er die Teilnehmer sehr genau und gibt laufend Tipps um sicher und ökonomisch voranzukommen. „Beim Auf- wie auch beim Abstieg gilt: so viel Sohlenfläche wie möglich einsetzen und die Stärken des Bergschuhes nutzen. Besonders beim Aufstieg ist es wichtig vorauszuschauen, um passende Tritthilfen zu finden. Lieber kleinere Schritt machen, als zu große, das ist kraftsparender und man findet schneller Halt. Beherzte Tritte statt zögerlichem Steigen“, erklärt der Profi.

Bei den Kletterpassagen lautet die Devise: drücken statt ziehen, da die Beine wesentlich stärker sind als die Arme. Im Wilden Kaiser ist man mit sehr losem Gestein konfrontiert, daher gilt es mit den Händen die Griffe sorgfältig zu prüfen bevor man den nächsten Schritt geht.

Der Stockeinsatz

Wanderstöcke dienen zur Kraftersparnis im Aufstieg und zur Entlastung der Gelenke im Abstieg. Der richtige Einsatz will jedoch geübt sein. „Wer mit Wanderstöcken geht, fordert seine Koordination. Zu viel Einsatz strengt den Körper zusätzlich an sodass er ermüdet. Hier gilt: weniger ist mehr. Und in manchen Passagen setzt man den Stockeinsatz am besten komplett aus. Dafür umgreift man die Stöcke ungefähr in der Mitte und balanciert sie seitlich vom Körper“, beschreibt Andy die richtige Technik.

Wilder Kaiser

„Auf keinen Fall die Schlaufen anlegen, das kann zu schlimmen Verletzungen führen, wenn man über den Stock stolpert oder hängen bleibt“, warnt er außerdem. Wer sich für Stöcke entscheidet, greift am besten zu höhenverstellbaren Klappstöcken. Diese können in den Kletterpassagen einfach und schnell am Rucksack verstaut werden.

Rutschtechnik

Obwohl der Gipfel das Ziel einer Bergtour ist, hat man, oben angekommen, doch erst die halbe Strecke zurückgelegt. Nach einer verdienten Pause mit herrlichen Panoramablicken steht der Weg zurück ins Tal bevor. Dafür ist nochmals höchste Konzentration gefragt. „Die meisten Unfälle passieren beim Abstieg“, weiß der Bergführer. Das Kaisergebirge ist Naturschutzgebiet. Abstiegshilfen sucht man hier vergebens. Dennoch bietet das Gelände eine schnellere Variante als Alternative zum „Normalweg“.

Technik am Wilden Kaiser

Geröll- und Schneefelder eignen sich perfekt für einen gelenkschonenden, lustigen und raschen Abstieg. Keine Sorge, mit der richtigen Technik wird man nicht mit der Schotterlawine ins Tal getragen, sondern gleitet ganz gemächlich nach unten. „Bei dieser Abstiegstechnik ist Geschwindigkeit gefragt. Schnelle Schritte und mit den Fersen sauber in den Schotter steigen. Die Beine hüftbreit halten und den Körper leicht nach vorne beugen. Locker bleiben und chillig bergab rutschen“, erklärt Andy seine Abstiegstechnik.

Weitere nützliche Tipps vom Profi erhalten alle Teilnehmer der geführten Wanderungen in der Region Wilder Kaiser.

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