Aufwärts mit dem Downhillbike ist seit kurzem Realität. Die Preining-Brüder aus Österreich haben einen Elektromotor entwickelt, der auf bis zu 70 km/h beschleunigt.
In unbekanntes Terrain
Gerade wenn man denkt, man hat alles gesehen, trifft einen der Hammer des Erfindergeistes dort, wo man es am wenigsten erwartet. Während E-Bikes im Schatten ihres Images ein eher unsportliches Dasein fristen, haben sich Daniel und Mario Preining still und heimlich aufgemacht, um mit ihren Downhill-Motoren die Welt zu erobern. Mit bis zu 70 km/h geht es mit dem EGO Kit-System auf herkömmlichen Downhillern über die Trails. Bergauf zeigt sich ein ähnliches Bild: Die Elektromotoren beschleunigen auf (ungewohnt) unheimliche Geschwindigkeiten. Die Erfinder der brandneuen Bike-Kategorie im Exklusiv-Interview.
Mario und Daniel, wie kommt ihr überhaupt zum Thema Mountainbiken?
Mario: Radfahren tun wir eigentlich seit wir gehen können. Auch wettkampfmäßig.
Daniel: Wir haben beide gemeinsam begonnen, Rennen zu fahren: Downhill, Dual-Slalom, Trial – eigentlich alles.
Und wie kam euch die Idee, einen Motor für Downhillbikes zu entwickeln?
Mario: Bei uns zuhause in Salzburg gibt es den Gaisberg. Der ist super zum Downhillen, hat aber leider keine Gondel. Und weil ich nicht immer das Shuttle für meinen Bruder spielen wollte, haben wir begonnen nach Alternativen zu suchen. Das Ergebnis war 2008 der erste EGO Kit-Prototyp.
Woher hattet ihr die Fähigkeit, so etwas zu entwickeln?
Daniel: Wir haben beide schon gut zehn Jahre für einen größeren Radhersteller gearbeitet und verschiedene Dinge von der Idee weg begleitet. Zum Beispiel haben wir dort eine eigene Freeridemarke mit aufgebaut…
Mario: … von daher lag es ohnehin nahe, dass wir in der Bike-Industrie weitermachen.
Daniel: Nach einer kurzen Marktanalyse haben wir festgestellt, dass es ein motorbetriebenes Downhillbike in dem Sinn eigentlich gar nicht gibt – und haben uns selbst an die Arbeit gemacht.
Wie ging es nach diesen ersten Schritten weiter?
Mario: 2010 sind wir an die Öffentlichkeit getreten und haben in weiterer Folge das EGO Kit auf der ISPO in München vorgestellt. Dort haben wir auch gleich den Brand New Award gewonnen, was sowas wie ein Durchbruch für uns war. Die Aufmerksamkeit und die Nachfrage erhöhten sich schlagartig. Seit 2012 wurden circa 300 Stück verkauft.
Ihr seid mittlerweile auch in der PULS4 Show „2 Minuten 2 Millionen“ gelandet. Was erhofft ihr euch davon?
Mario: Die Show gibt uns die Möglichkeit mittels Crowdinvesting Klein-Investoren zu finden.
Ab € 100 kann jeder Mensch online auf der Plattform CONDA mitmachen und Teilhaber von EGO Sports werden. In der Show selber gibt es am 16. Dezember außerdem noch einmal die Möglichkeit, die Leute auf uns aufmerksam zu machen.
Daniel: Wir hoffen, dass wir dadurch möglichst viel Produktionskapital aufstellen können.
Wie lange habt ihr von der ersten Idee bis zum Prototypen gebraucht?
Daniel: Die Entwicklungszeit betrug in etwa drei Jahre…
Mario: …wobei wir am Anfang natürlich nicht hauptberuflich daran arbeiteten. Außerdem haben wir uns viel Zeit für die Tests genommen. Viel Zeit ist auch in die Elektronik- und Batterieentwicklung geflossen.
Der Name EGO Kit könnte für viele Zusammenhänge stehen. Was bedeutet er wirklich?
Mario: EGO ist eine Zusammensetzung aus den Begriffen Elektrik und Go – unser Slogan „Easy Going“ verkörpert die Philosophie dahinter. Das passt sowohl zur Fortbewegungsart, als auch zum Lifestyle (lacht).
Wie groß ist eure Firma heute?
Mario: Das Gründerteam bestand aus sechs Leuten. Dazugekommen sind noch zwei Business Angels, die uns unterstützen. Meine Aufgaben sind großteils Öffentlichkeitsarbeit und Entwicklung, während Daniel sich hauptsächlich auf die Produktentwicklung konzentriert. Grafik und Sales sind natürlich auch abgedeckt.
Was waren eurer Meinung nach die größten Hindernisse bisher?
Mario: Die multiple Anwendung. Das schwierigste ist einen Motor herzustellen, der auf alle Bikes passen soll. Gewicht, Umfang und Form sind eindeutig die größten Herausforderungen. Wenn wir einen Motor speziell an ein Modell anbringen, können wir ihn natürlich noch etwas „schlanker“ gestalten.
Daniel: Schwierig war auch, die ganze Leistung in diesem kleinen Bauraum unterzubringen und möglichst leicht zu bleiben. Abstimmung, Kraftentwicklung und Ansteuerung sind da noch gar nicht eingerechnet.
Wie stark sind eure Motoren?
Mario: 3.400 Watt hat das Performance Modell und 2.400 die Standardausführung. Das entspricht also etwa dem Bereich von 4 PS.
Daniel: Vergleichbare Motorroller sind mit etwa 7,5 kW also nicht „weit weg“, dafür aber um einiges schwerer. Wir bringen also knapp die Hälfte dieser Leistung aufs Bike, bei nur einem Fünftel des Gewichts. Denn die Downhillbikes wiegen insgesamt nur rund 20 Kilo. Der Motor selbst wiegt inklusive Kabel in etwa 5,5 Kilo.
Auf wie viele Räder passt euer System?
Mario: Wir gehen von etwa 70 Prozent der Downhillräder am Markt aus. Downhillbikes sind aber auch die schwierigsten Typen der Mountainbikes für die Befestigung eines Motors.
Auch wenn er wenig wiegt. Beeinflusst das Gewicht des Motors nicht das Fahrverhalten?
Daniel: Der Motor befindet sich innerhalb des Schwerpunkts des Fahrrads. Das heißt die Balance ändert sich nicht. Das Gewicht an Vorder- und Hinterrad ist ausgeglichen. Das ist besonders wichtig für Sprünge, damit eine neutrale Luftlage sichergestellt werden kann. Demonstriert haben wir das mit einem Weltrekordsprung über 22 Meter.
Mario: Fünf Kilo extra merkt man natürlich schon etwas. Aber durch die Positionierung in der Mitte fährt sich das Bike trotzdem erstaunlich leicht und bleibt wendig.
Das EGO Kit ist das stärkste Motorensystem der Welt für Mountainbikes. War das von Anfang an euer Anspruch?
Daniel: Der Einsatzzweck hat von Anfang an die geforderte Leistung definiert. Man muss zum Beispiel im ersten Gang steile Single Trails und Geländewege hinauffahren können. Dementsprechend braucht man auch ein gewisses Minimum an Leistung. Unter 1.600 Watt würde man die Wege etwa gar nicht erst raufkommen. Wenn man dann auch noch etwas technischer in der Fahrweise werden will, braucht man bis zu 2.400. Mit 3.400 kommt dann schon leichtes Endurofeeling auf.
Wie sieht es mit dem Image des Elektromotors aus? Trefft ihr da auf Vorurteile?
Mario: Ja, absolut. Das ist größte Problem der E-Mobilität im Allgemeinen. Wir sehen uns als Speerspitze in eine andere Richtung, weil wir zum Beispiel nicht mit Pensionisten werben (lacht) – sondern mit Downhill-Profis.
Daniel: Es ist ja so, dass auch das Bergauffahren durchaus fordernd sein kann. Denn jetzt kommt man auch mit dem Downhillbike zu Stellen, die vorher per Fußeinsatz einfach nicht zu erreichen waren. Daraus ergibt sich ein völlig neues Fahrgefühl.
Wie viel Geschick muss man mitbringen, um den Motor zu installieren?
Mario: Wenn man sich mit der Materie auskennt, ist die Sache in einer Stunde erledigt. Wenn man so etwas zum ersten Mal macht, würde ich drei Stunden einrechnen.
Wollt ihr das System künftig auch auf andere Sparten ausweiten?
Mario: Ja, natürlich! Wir sind mit dem Downhillbereich gestartet, weil das quasi unser „Zuhause“ ist. Man kann die Motoren ja eigentlich auch schon jetzt an andere Rahmen anbringen.
Daniel: Die Produktpalette wird sich in Zukunft sicher noch ausweiten. Wir versuchen immer, die Motoren stärker und gleichzeitig leichter zu machen.
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