Das Interview der Laufgemeinde mit Ausdauerstar Markus Kröll: Zwölf Fragen, die von den Hobbyathleten direkt an Kröll gerichtet wurden und zwölf Antworten, die Einblick in das Leben der Laufmaschine geben – Tipps für den Wettkampf inklusive!
Insider-Tipps vom Dolomitenmann
Im Rahmen des Gewinnspiels zu unserem Trail Running Camp am Achensee suchten wir die eine Frage, die jeder dem Ausdauersportler Markus Kröll schon immer stellen wollte. Wir haben die besten zwölf gesammelt und sie dem Dolomitenmann gestellt. Heraus kamen Antworten, die auch für den Hobbybereich einige Überraschungen mit sich bringen dürften. So viel vorweg: Von den beliebten Nudelpartys hält Kröll nicht wirklich viel. Hier die Fragen der Community:
Wie bist du zum Berglaufsport „extrem“ gekommen?
Markus Kröll:
Dadurch, dass ich in einer Gegend im Zillertal aufgewachsen bin – mit nur wenigen Einwohnern und ohne Tourismus – sehe ich das eigentlich gar nicht so extrem. Das Tal ist gute 400 Meter lang und geht auf beiden Seiten steil nach oben. Ich war die Steigung quasi schon als Kind gewohnt.
Wie bereitest du dich normalerweise einen extremen Lauf vor?
Eigentlich bereite ich mich so vor wie auf jeden Wettkampf. Das einzige, was sich abhebt ist das Equipment und die Länge der Einheiten. Außerdem probiere ich immer gewisse Sachen aus. Zum Beispiel beim Essen und Trinken während des Trainings. Da muss man ständig testen, denn so etwas wie eine perfekte Formel gibt es nicht. Ohne die Tests wäre es auch etwas langweilig. Es müssen immer wieder gewisse Situationen eintreten, die für dich Neuland sind, das macht die ganze Spannung aus.
Wie hast du für dein Projekt am Berliner Höhenweg trainiert?
Bis auf zwei Abschnitte habe ich die verschiedenen Etappen alle durchprobiert. Da bin ich manchmal um 2 Uhr in der Früh aufgestanden und bis 4 Uhr Nachmittag gelaufen. Es gab zwar immer wieder Zweifel, das Ganze in einem Stück zu schaffen. Andererseits habe ich auch viele Mails bekommen in denen stand, dass der Höhenweg in 15 oder 16 Stunden zu schaffen sei. Das glaube ich allerdings nicht, weil Teile der Strecke aus hochalpinem Gelände bestehen. Erst diese Woche ist ein Engländer am Berliner Höhenweg verunglückt – an einer Stelle, die ich in der Nacht gelaufen bin. Es gibt dort Kletterpassagen und Seilsicherungen – man kann einfach nicht durchgehend schnell laufen.
Wie hast du dich in der Zeit nach dem Lauf auf dem Berliner Höhenweg zum Training motiviert?
Eigentlich dachte ich, dass mir dieses Projekt eine innere Ruhe verschafft und meine Sucht nach Abenteuer dadurch besiegt werden kann. Schon nach drei oder vier Tagen war mir aber klar: Genau das Gegenteil war der Fall. Ich muss mich einfach in den Bergen bewegen und mir Ziele setzen. Ich brauche die Herausforderung.
Was sind deine nächsten Ziele?
Das nächste Ziel ist ganz aktuell der Salomon 4 Trails. Darauf freue ich mich schon sehr, weil ich letztes Jahr zu dieser Zeit verletzt war. Die letzte Saison war überhaupt ein bisschen ein „Seuchenjahr“. Von daher wollte ich es etwas ruhiger angehen. Was mich auch sehr reizen würde wäre der Transvulcania in Spanien (83,3km, Anm.). Es gäbe so viele Sachen, so alt kann ich gar nicht werden (lacht).
Wie wichtig ist es dir bei Wettkämpfen und vor allem bei langen Ultras, deinen genauen Puls zu kennen?
Ich habe Jahre – oder Jahrzehnte – sicher falsch trainiert. Seit ich im Leistungszentrum bei Red Bull bin, habe ich einen riesigen Schritt nach vorne gemacht. Ich bin früher etwa 80 Prozent des Trainings mit einem Puls von 110 gelaufen und hatte bei einer Geschwindigkeit von 18 km/h einen Laktatwert von unter 2 Millimol. Ich habe also während der Aufbauphase die Energiespeicher meines Körpers immer wieder geleert. Das Ergebnis war, dass ich bei Rennen nicht „voll geladen“ am Start gestanden bin.
Wie hoch schätzt du die Bedeutung von Höhentrainingseinheiten ein?
Höhentraining ist eine sehr interessante Sache. Ich habe es allerdings noch nie gemacht! Es war von der Zeit und der Logistik immer ein Problem bisher. Ich arbeite ja neben dem Sport auch noch. Im Winter habe ich meistens immer etwas weniger gearbeitet und mehr Grundlagentraining gemacht. Im Sommer habe ich mehr Arbeit und so konnte ich es mir nie leisten für einige Zeit in ein Höhentraining zu gehen. Meine ganzen Kollegen schwören allerdings darauf. Wenn sich mir die Gelegenheit bietet würde ich es auch sofort machen.
Wie könnte man einem „Stadtmenschen“ fernab der Berge jenes Glücksgefühl beschreiben, das man am Gipfel nach dem Aufstieg spürt?
Für mich ist es ein tolles Gefühl aus dem ganzen Trubel und der Hektik herauszukommen. Dabei ist es egal wie schnell oder wie weit ich laufe. Der Höhepunkt ist für mich allerdings nicht das Gefühl am Berg zu stehen, sondern der Moment der absoluten Ruhe. Hier „unten“ wird man immer irgendwo ein Nebengeräusch entdecken. Oben hört man überhaupt nichts. Das ist mein absolutes Glücksgefühl. Darum bin ich auch zu 99 Prozent alleine unterwegs.
Wie ernährt sich so ein Bergfloh wie du eigentlich?
Bei der Ernährung gibt es einen speziellen Tipp, den ich auch beim Berliner Höhenweg angewendet habe: 14 Tage vor dem Event habe ich begonnen, meine Zellen komplett auszuhungern. Da habe ich keine Kohlenhydrate mehr zu mir genommen, dafür vermehrt Eiweiß. Dadurch versetzen sich die Zellen in die richtige Situation. Eine Nudelparty am Vortag bringt zum Beispiel überhaupt nichts. Bis die Energie aus den Nudeln in die Zellen eingebunkert wird vergehen zwei oder drei Tage. Deshalb beginne ich fünf oder sechs Tage vor dem Event mit der Aufnahme von Kohlenhydraten. So werden die Zellen darauf programmiert mehr aufzunehmen und der Energiespeicher ist randvoll.
Sind getrocknete Früchte eine gute Wettkampfnahrung?
Ich bin da sehr geruchsempfindlich. Wenn ich immer wieder dieselben Früchte esse, kann ich sie irgendwann nicht mehr riechen. Außerdem nehme ich vermehrt geschmacksneutrale Flüssignahrung zu mir. Dennoch: getrocknete Früchte sind eine gute Wettkampfnahrung.
Wie verbringst du die Off-Season bzw. wie lange pausiert ein Ausdauersportler wirklich?
So etwas wie eine Off-Season gibt es bei mir eigentlich nicht wirklich. Im Winter freue ich mich etwa, wenn ich die Skitourenski anlegen kann und im Herbst bin ich viel auf dem Mountainbike unterwegs. Von der Intensität wird es insgesamt etwas weniger.
Wenn man trotz Übergewicht (190cm und 95kg) – oder gerade deswegen – läuft, was sollte man vor, während und nach dem Laufen beachten?
Wichtig ist da sicher das Schuhwerk. Es bringt nicht viel, wenn man mit einem superleichten Schuh unterwegs ist. Dämpfung, Stabilität und die Pronationsstütze stehen dabei im Vordergrund. Ein guter Anfang für das Training wäre das Gehen, damit sich Stützapparat und Gelenke darauf einstellen können. Zusätzlich kann man sich nach dem Walken noch auf das Rad setzen, um die Muskeln aufzubauen. Nach einigen Wochen beginnt man dann mit dem Lauftraining. Es macht wenig Sinn, wenn man mit Übergewicht gleich einen 10-Kilometer-Lauf absolviert.
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