Sportalpen Athlet Florian Grasel trat 2015 zum zweiten Mal beim wichtigsten Ultratrail-Rennen der Welt an. Erneut wurde er beim Ultra-Trail du Mont-Blanc bester Österreicher. Und auch wenn er sein persönliches Ziel verpasste, war der UTMB wieder jeden Schritt wert.
26:54:15
Vor dem UTMB hatte ich mir ein großes Ziel gesetzt: das Rennen unter 24 Stunden zu beenden. Mit den Hashtags #utmb und #sub24 visualisierte ich mir mein Ziel. Bei jedem Trainingskilometer (etwa 3.000), bei jedem Meter nach oben (ca. 140.000) und jeder Rückenübung (gefühlte 10 Millionen). Am Ende war ich mit 26:54:15 Stunden weit davon entfernt. Aber war es eine Niederlage?
Warum mache ich das?
Lange habe ich darüber nachgedacht, aber am Ende führt ein Ultralauf doch nur zu einer Frage: Warum mache ich das? Es geht nicht darum, schneller zu werden oder Facebook-Likes zu sammeln. Wenn du mit dir selber kämpfst, reduzieren sich deine Gedanken aufs Wesentliche. Denken wird zum Instinkt. Es bleibt weder Zeit, noch Energie für Sorgen oder Luftschlösser.
Mein „Ausblick“ ist auf den drei Quadratmeter großen Lichtkegel meiner Stirnlampe beschränkt und die Alltagswelt ist vergessen. Trinken, Bewegen, Überleben: Das sind die Dinge, die einen während des UTMB beschäftigen. Und viele zerbrechen daran.
Auf den ersten 40 Kilometern der Strecke sah ich einige der großen Stars der Ultralauf-Szene vor mir aussteigen. Ausreden und Probleme sind bei einem Rennen wie dem Ultra-Trail du Mont-Blanc schnell gefunden und wenn man merkt, dass sein Ziel nicht mehr zu erreichen ist, einfach auszusprechen.
Nach der Hälfte des Rennens war auch bei mir klar: die #sub24 würde ich nicht schaffen. Eine Ausrede hätte ich mit dem Bandscheibenvorfall vor 8 Monaten schnell parat gehabt. Aber damit hätte ich mich vor allem selbst betrogen.
Freude an der Qual
Es ging mir den Umständen entsprechend gut. Ich hatte Freude an dem was ich tat – ja wirklich! Deshalb behaupte ich einfach, dass man mir das auf dem Bild bei Kilometer 100 nach 15 Stunden auch ablesen kann: „Es wird hart, aber ich ziehe es durch!“
Die Sonne brütete unerbittlich über unseren Köpfen und für viele Läufer trat Plan B – „Überleben“ – in Kraft. Bis zu 34 Grad zeigte meine Uhr an. Und das bei über 1.000 Meter Seehöhe. Mein „Kriegskamerad“ Matthias Dippacher und ich kämpften uns von einer Wasserquelle zur nächsten. Alle drei Kilometer erfrischten wir uns von unten bis oben. Auf unserem Weg trafen wir auf einige Gefährten, die aufgrund von Dehydrierung mit unglaublichen Krämpfen zu kämpfen hatten.
Flucht vor der Dunkelheit
Auch für uns wurde es mittlerweile bedrohlich eng. Nach der letzten Verpflegung bei Kilometer 152 waren es „nur mehr“ 20 Kilometer. Um 17:27 Uhr machten wir uns auf in den finalen Aufstieg auf den La Tete aux Vents. Unser neues Ziel: definitiv nicht in die zweite Nacht kommen! Böse Mythen besagen, dass die zweite Nacht mit Schlafentzug böse Geister weckt…
Sieg für Flo
Nach den besagten 26:54:15 Stunden lief ich als gesamt 33er ins Ziel in Chamonix ein. Wir saugten die Eindrücke auf und ließen uns in der unbeschreiblichen Atmosphäre gebührend feiern. Der Ultra-Trail du Mont-Blanc war vieles, nur keine Niederlage. Ich habe neue Freunde gefunden, unglaubliche Erlebnisse mitgemacht, zahlreiche Profiläufer auf die Plätze verwiesen und bin als bester Österreicher im Ziel gelandet. Ja, der UTMB war ein Erfolg.
Flo
Grosse Worte wären zuwenig Anerkennung – ich nehme den Hut, bewundere dich aber auch wenn ich begeisterter Trailrunner bin möchte ich das nicht erreichen. Zuviele Opfer sind damit verbunden.